2. Bundesliga

"Ich bin bereit, richtig viel zu investieren"

Immer alles im Blick: Gerhard Struber
Immer alles im Blick: Gerhard Struber

Gerhard Struber begegnet dem Profifußball und seinem Trainerjob mit Humor, Pragmatismus und Realismus. Diese Kombination hat beim 1. FC Köln mit seinem österreichischen Landsmann Peter Stöger schon einmal gut funktioniert. Ein Interview von Andreas Kötter.

Herr Struber, Ihre Familie hat in Ihrem Heimatort Kuchl im Salzburger Land eine Ferienpension betrieben. Wie war es so mit den deutschen Gästen? 

Gerhard Struber: Wir hatten immer viele, ich habe nur gute Erfahrungen gemacht. Ich hatte auch schon im Fußball eine ganze Reihe deutscher Kollegen. Mein Eindruck ist allerdings, dass der Deutsche an sich ein bisschen anders tickt als der Kölner.

Wie meinen Sie das? 

Struber: Ich würde den typischen Deutschen als sehr akkurat und diszipliniert charakterisieren. Das mag in gewisser Hinsicht auch auf den Kölner zutreffen, der aber ist in erster Linie auch sehr gelassen ist und weiß, wie man feiert.

Passt es auch deswegen so gut zwischen Ihnen und dem 1. FC Köln?

Struber: Auch ich bin ein offener Mensch und kann mich daher schnell an eine neue Umgebung gewöhnen. In Köln ist das ohnehin nicht schwierig, weil die Stadt großes Potenzial hat, ihre Besucher zu verzaubern.

Rot steht ihm: Gerhard Struber
Rot steht ihm: Gerhard Struber

Sie sind nicht der erste FC-Trainer, der so etwas sagt. Wie macht diese Stadt das? 

Struber: Es ist die Offenheit der Kölner, diese umarmende, zugewandte Art und Weise, mit der auch ich sofort willkommen geheißen wurde.

Ende Oktober, nach zwei Niederlagen gegen den SV Darmstadt 98 und den SC Paderborn 07, wurde in den Kölner Medien aber schon über Ihre mögliche Entlassung philosophiert. FC-Geschäftsführer Christian Keller sagte damals: "Der Trainer ist gesetzt. Gerhard macht einen guten Job."

Struber: Der FC ist ein enormer Fanmagnet, und die pulsierende Emotionalität um den Club herum ist überwältigend. Auch weil es dabei keine Mitte gibt. Gefühlt ist man entweder die doofe Nuss, wie man so sagt, oder man wird glorifiziert. Es gibt kaum etwas dazwischen, und damit umzugehen, das muss man lernen.

Und? Haben Sie das bereits gelernt?

Struber: Ich glaube schon, dass ich ein gewisses Maß an Emotionalität in mir trage und ganz gut einordnen kann, was um mich herum geschieht. Dabei helfen mir gewisse Erfahrungswerte, die man sich mit 48 Jahren und gerade auch als Trainer angeeignet hat. Also hebe ich nach drei Siegen in Folge nicht ab wie eine Rakete, treibe aber nach einer Niederlagenserie auch nicht willenlos ins Nirwana. Das ist ja meine Aufgabe als Cheftrainer, dass ich die Dinge gut ausbalanciere.

Wie gelingt Ihnen das? 

Struber: Ich habe Leute um mich, auf die ich mich verlassen kann: einen guten Stab, ein gutes Management und, nicht zuletzt, eine Mannschaft, die in den vergangenen Monaten gute Ergebnisse erzielt hat.

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Ein Vorgänger und Landsmann von Ihnen, Peter Stöger, passte ebenfalls sehr gut zum FC. Haben Sie seinen Rat gesucht?

Struber: Ja. Ich habe mich mit Peter ausgetauscht, bevor ich den Schritt nach Köln gewagt habe. Österreich ist klein, man kennt sich im Fußball. Peter hat mir zugeraten, und an der Art, wie er über den FC gesprochen hat, konnte ich noch viel Verbundenheit spüren.

Peter Stöger übernahm den FC im Sommer 2013, ein Jahr nach dem fünften von inzwischen sieben Abstiegen. Nach der Hinrunde lag der Club damals in der 2. Bundesliga auf Platz eins. So wie Ihre Mannschaft in dieser Saison. Am Ende stieg der FC auf, mit nur 20 Gegentoren. So viele hatte Ihr Team schon nach zehn Spieltagen gefangen.

Struber: Wir haben zu Beginn der Saison zwar sehr beeindruckenden Fußball nach vorn gespielt, gleichzeitig aber immer wieder auch einfache Tore kassiert. Deshalb war mir relativ früh klar, dass es eine gewisse Veränderung braucht. Genauer gesagt, mehr Stabilität. Denn die alte Weisheit, dass die Offensive ein Spiel, aber nur die Defensive die Meisterschaft gewinnt, stimmt. Der Fußball, den wir jetzt spielen, ist nicht immer ein Augenschmaus, aber er ist erfolgreich.

Ist es Ihnen schwergefallen, von Ihrer Idee abzurücken?

Struber: Ich sehe uns mitten in einem Prozess, in dem wir die Dinge Schritt für Schritt entwickeln wollen. Und nach dieser Umstellung sind wir in der Tat stabiler geworden. Wenn der Preis für diese Stabilität die vergleichsweise begrenzte Attraktivität unseres Spiels ist, dann bin ich bereit, diesen Preis zu zahlen. Auch solche Entscheidungen machen meinen Job aus. Es geht nicht darum, sich in einer romantischen Spielidee zu verlieren.

Das klingt nach purem Pragmatismus. 

Struber: Man braucht im Fußball nichts zu romantisieren. Die Zeit, eine Mannschaft dahin zu entwickeln, würde man ohnehin nicht bekommen.

Ein erfolgreicher Österreicher beim FC: Peter Stöger

Haben Sie eine so emotionale Atmosphäre wie beim FC in Ihrer Trainerlaufbahn eigentlich schon woanders erlebt?

Struber: Nein, wirklich nicht. Wenn die Erwartungen im Umfeld hoch sind, konkurrieren auch die verschiedenen Medien und Plattformen, die es rund um den 1. FC Köln gibt, miteinander um die nächste Schlagzeile. Damit muss man als Trainer umgehen können. Vor zehn Jahren wäre mir das noch schwergefallen, heute aber lasse ich mich davon längst nicht mehr treiben.

Peter Stöger verließ den FC nach viereinhalb Jahren. Es folgten danach unter anderem acht weitere Trainer, zwei Abstiege und eine Transfersperre. Ist beim FC der stete Wandel schon Programm?

Struber: Jeder Trainer hat ein Ablaufdatum, gewissermaßen wie ein Joghurtbecher. Aber daran denke ich nicht, sondern fokussiere mich darauf, was ich im Hier und Jetzt und in absehbarer Zeit für den Verein bewirken kann. Da bin ich ganz pragmatisch, gleichzeitig aber auch voller Leidenschaft. Und ich bin bereit, richtig viel zu investieren. Jeden Tag. Also leiste ich meinen Beitrag überall, wo ich als Cheftrainer etwas bewirken kann. Im Training mit der Mannschaft, im Transfergeschäft gemeinsam mit den Vereinsverantwortlichen und auch im Austausch mit den Fans.

Sie haben auch schon in England und in den USA gearbeitet, Ihre Familie ist aber, wie auch jetzt wieder, stets zu Hause in Österreich geblieben. Wie schwierig ist das?

Struber: Als Papa habe ich tatsächlich bisweilen ein schlechtes Gewissen, denn meine Frau Lisa muss zu Hause alles allein regeln. Sie ist sehr tough und managt diese Herausforderung hervorragend. Gleichzeitig versuche ich, die Distanz erträglicher zu machen, indem wir jeden Tag telefonieren und uns austauschen. Aber egal, wie man es dreht und wendet, von einem normalen Familienleben sind wir meilenweit entfernt.

Gerade für unsere beiden Kinder, Simona und Bastian, war das nicht immer leicht. Sind die beiden immer auch Fans des Clubs, bei dem ihr Vater gerade tätig ist?

Struber: Auf jeden Fall! Sie leben das aus der Ferne mit viel Herzblut und versuchen, jedes Spiel anzuschauen. Das war sogar während meiner Zeit in New York so, obwohl die Spiele wegen der Zeitverschiebung bei uns zu Hause meist in der Nacht übertragen wurden. Bastian spielt selbst in der U16 von RB Salzburg. Aber zu Hause trägt er gerne auch das schöne FC-Trikot, das ihm das Christkind gebracht hat.

Herr Struber, vielen Dank für dieses Gespräch.

Feuert sein Team von draußen an: Gerhard Struber
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