Bundesliga
Lange hatte der 1. FC Köln den ersten Sieg beim FC Bayern München seit 2009 im Blick, doch Joshua Kimmichs später Geniestreich rettete dem Rekordmeister kurz vor dem Abpfiff noch einen Punkt. Die wiedererstarkten "Geißböcke" trauern der verpassten Chance nur kurz nach, während die Gastgeber nach dem zweiten Remis zum Jahresstart auf der Suche nach der Leichtigkeit sind.
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Wenn der FC Bayern nach einem Unentschieden in der Bundesliga von einem "Punktgewinn" spricht, dann ist allein diese Formulierung als Ritterschlag zu verstehen. Über (mit Nachspielzeit mehr als) 90 Minuten machte der 1. FC Köln dem Rekordmeister das Leben in der Allianz Arena enorm schwer und konnte bis kurz vor Schluss sogar vom ersten Auswärtssieg in der bayerischen Landeshauptstadt seit 2009 träumen. Ellyes Skhiri (4.) hatte die "Geißböcke" früh in Führung gebracht, die die Rheinländer mit mutiger und leidenschaftlicher Vorstellung fast ins Ziel gebracht hätten. Erst Joshua Kimmichs Geniestreich, der aus der Distanz den Ball ins FC-Tor wuchtete, verhinderte in der 90. Minute die große Sensation inmitten der Englischen Woche.
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Zwei Punkte verloren in München oder doch einen Zähler gewonnen? Eine Frage, die die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart nur kurz umtrieb. "Es fühlt sich unglücklich an, aber wir können uns für die heutige Leistung nur gratulieren", betonte Dejan Ljubicic nach dem Beinahe-Coup beim Münchener Branchenprimus. Eine Einschätzung, der auch Steffen Baumgart zustimmte: "Wir sind froh über den Punkt und ärgern uns nicht darüber, was am Ende passiert ist – wir müssen dem Spiel auch das richtige Gesicht geben. Aus Kölner Sicht haben wir einen Punkt gewonnen“, so der FC-Coach: "Es war eine sehr gute Leistung von uns. Wir haben gegen die beste Mannschaft gespielt und die Jungs haben alles rausgehauen, was sie konnten. Wir haben gegen eine sehr, sehr gute Mannschaft unentschieden gespielt – und das auch nicht unverdient."
Die Kölner hatten sich tatsächlich mit ihrem Auftritt in der Allianz Arena einen Punkt verdient: Mutig spielten sie insbesondere in der ersten Halbzeit nach vorn und knüpften nahezu nahtlos an die starke Vorstellung vom 7:1-Kantersieg gegen Werder Bremen am vergangenen Wochenende an. Skhiri ließ bereits nach vier Minuten die zahlreich mitgereisten FC-Fans jubeln – und auch danach hatten die "Geißböcke" immer wieder Momente, in denen sie die Defensive des FC Bayern ins Wanken brachten. Beim Rekordmeister ging dagegen offensiv im ersten Durchgang wenig bis gar nichts, die "Abteilung Attacke" der Münchener wurde von den Gästen aus dem Rheinland fast komplett abgemeldet. "Über die erste Halbzeit müssen wir sicherlich nochmal reden, gerade was die Herangehensweise, Einstellung und Bereitschaft angeht", zeigte sich Torschütze Kimmich sichtlich unzufrieden über die Leistung vor dem Seitenwechsel.
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In der Pause stellten die Gastgeber personell wie taktisch um – und dominierten fortan das Geschehen standesgemäß, ohne jedoch über die allergrößten Torchancen zu verfügen. Wenn der FC Bayern sich durch die kölschen Abwehrbeton arbeiten konnte, dann scheiterten die Offensivstars um Leroy Sane und Eric Maxim Choupo-Moting immer wieder am hervorragenden Kölner Keeper Marvin Schwäbe. Erst Kimmich überwand praktisch mit Ablauf der regulären Spielzeit aus der Distanz das FC-Bollwerk und sicherte den Bayern den auch aus ihrer Sicht verdienten Punkt. "Der späte Treffer tut uns gut", sagte Julian Nagelsmann: "Wir haben zur zweiten Halbzeit gewechselt und haben dann ein gutes Spiel gemacht. Wir haben mit der zweiten Halbzeit wieder die Benchmark für uns gesetzt, das sollten wir über 90 Minuten hinkriegen", so der FCB-Coach, der allerdings nach dem zweiten Remis im zweiten Pflichtspiel des neuen Jahres hinterherschob: "Zwei Punkte aus den ersten beiden Spielen ist für unsere Ansprüche natürlich zu wenig."
Die Ansprüche sind groß beim Rekordmeister, der nach dem 1:1 in Leipzig auch gegen Köln nicht gewinnen konnte. Vor allem der Auftritt vor der Pause gab den Münchenern zu denken. Offensiv tat sich der FCB gegen engagiert auftretende "Geißböcke" enorm schwer, zeigte sich aber auch in der Abwehr anfällig. "Wir müssen wieder griffiger und gieriger auftreten. Letztes Jahr war das ein ganz anderes Selbstverständnis", bemängelte Kimmich im Anschluss an das Remis. Nagelsmann blickte derweil auf die oft brotlose Kunst im Angriff: "Uns hat der Lucky Punch gefehlt. Wir haben Phasen, in denen wir zu wenig reinwerfen“, erklärte der FCB-Coach zur Leistung seiner Mannschaft, die 25 Torschüsse absetzte, sich für den großen Aufwand aber erst spät belohnte. "Am Ende hätten wir das Spiel noch gewinnen können, aber letztlich kam der Treffer dafür zu spät."
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Für die Kölner kam der Kimmich-Kracher kurz vor Schluss natürlich unglücklich daher. "Dass du enttäuscht bist, wenn du so einen späten Ausgleich bekommst, ist normal. Aber wir können mit erhobenem Haupt nach Hause fahren“, war Baumgart mit dem Auftritt seiner Schützlinge sichtlich zufrieden. Der FC, mit fünf sieglosen Partien am Stück in die lange Winterpause gegangen, zeigt sich stark verbessert und bringt wieder die gewohnte Intensität auf den Platz. "Unsere Leistung ist die Fortsetzung vom vergangenen Jahr. Wir verstecken uns nicht vor Bayern oder Dortmund. Wir spielen unseren Fußball, probieren es zumindest immer. Jeder haut alles raus und jeder hat Spaß am Fußball, Spaß am Laufen", betonte Rechtsverteidiger Benno Schmitz. Und Spaß: Den hat der 1. FC Köln im neuen Jahr nicht nur seinen Fans bereits gemacht, auch wenn es in der Allianz Arena am Ende nicht zum ganz großen Coup reichte.
Thomas Reinscheid