Bundesliga
Robin Gosens verstärkt die linke Seite des 1. FC Union Berlin. Der linke Schienenspieler ist deutscher Nationalspieler, muss sich aber vor der Konkurrenz in Acht nehmen und weiter empfehlen, wenn er bei der Europameisterschaft 2024 dabei sein will. Das soll in der Hauptstadt gelingen.
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Der 1. FC Union Berlin hat den nächsten Star-Transfer gelandet - und diesmal konnten sie ihn sogar fest verpflichten, anstatt ihn nur auszuleihen: Robin Gosens wechselt von Inter Mailand zu den Eisernen. Dabei können beide voneinander profitieren - Union von einem starken, erfahrenen linken Flügelspieler und Gosens von viel Spielzeit bei einem Klub, der in der Champions League spielt.
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Mit über 350 Pflichtspielen bringt der gelernte Mittelfeldspieler eine Menge Erfahrung mit in die Hauptstadt. Dabei hat sich Gosens im Laufe seiner Karriere auf der linken Seite etwas weiter zurückgezogen. Immer häufiger spielte er als linker Flügelverteidiger oder sogar teilweise als Linksverteidiger einer Viererkette. Spielen kann er auf dem linken Flügel eigentlich alles - die bei Union gewohnte Dreierkette ist aber seine Paradedisziplin.
Mit Robin Gosens bekommt Union Berlin einen ganz besonderen Flügelspieler. Denn anders als viele Akteure - auch bei Union Berlin - ist Gosens eben kein gelernter Außenverteidiger, sondern eigentlich ein Offensivspieler. Die Qualitäten liegen also auch dort: in der Offensive. Vor allem im Abschluss ist er extrem stark - sowohl mit dem Fuß als auch per Kopf. Denn Gosens rückt bei einem Angriff über den rechten Flügel sehr häufig in den Strafraum nach und ist dann ein Zielspieler am zweiten Pfosten. Mit 28 Toren in 160 Serie-A-Spielen hat er dabei zwar keine Stürmer-Werte, für Außenverteidiger ist ein Tor alle 370 Spielminuten (etwa alle vier Spiele bei 90 Minuten Spielzeit) aber ein super Wert.
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Dabei vernachlässigt Gosens sein defensives Positionsspiel nicht, denn der 29-Jährige bringt sehr viel Geschwindigkeit mit und kann dadurch gut vom Angriff in die Abwehr umschalten - oder auch andersrum. Steht er im einen Moment noch verteidigend am eigenen Strafraum, ist er einen Konter später schon der Torschütze im gegnerischen Strafraum. Damit passt er perfekt auf die linke Seite - denn auch sein Konkurrent Jerome Roussillon hat sein hohes Tempo als eine seiner Stärken - auf rechts ist man mit Christopher Trimmel und Josip Juranovic nicht ganz so schnell unterwegs.
Dazu bringt Gosens aber auch gute Flanken mit und kann neben dem Strafraum oder aus dem Halbraum den Ball ins Zentrum bringen, um seine Mitspieler in Szene zu setzen. Union bekommt also nicht den klassischen Außenstürmer mit einem starken Innenfuß, der in den Strafraum einrückt, sondern einen Spieler, der auch den Flügel rauf und runter arbeiten kann. Dieses ungewöhnliche Skillset kann die Eisernen ganz besonders bereichern.
Am 3. September 2020 debütierte Robin Gosens in der deutschen Nationalmannschaft. Seitdem lief er insgesamt 16 Mal für das DFB-Team auf, erzielte dabei zwei Tore. Doch einen sicheren Kaderplatz hat Gosens nicht mehr, seit ihn eine Oberschenkelverletzung im Oktober 2021 außer Gefecht setzte. Der damalige Hoffenheimer und heutige Leipziger David Raum drängte sich an Gosens vorbei - und auch Freiburgs Christian Günter schaffte es, sich einen Platz im Nationalkader zu sichern. In der WM-Vorbereitung im September 2022 wurde Gosens zwar noch einmal berufen, beim Endrunden-Turnier stand dann aber die Konkurrenz im Kader.
Das soll sich nun ändern - mit fester Spielzeit und zudem in Deutschland dürfte Gosens, der einen ungewöhnlichen Weg zum Profi nahm und lange in seinem Heimatland kaum bekannt war, wieder mehr in den Fokus von Nationaltrainer Hansi Flick rücken. Für Gosens geht es bei Union also nicht nur um den die "Eisernen", wenn er Top-Leistungen bringen will, sondern auch um seinen Platz im Nationalkader. Denn im Sommer 2024 steht die Europameisterschaft in Deutschland an. Mit bereits 29 Jahren könnte es das letzte große Turnier für Robin Gosens werden.
Ein deutsches Jugendleistungszentrum besuchte Robin Gosens nicht. Stattdessen spielte der in Emmerich an der niederländischen Grenze geborene Gosens mit Fortuna Elten, 1. FC Bocholt und VfL Rhede als Kind für drei kleinere deutsche Vereine. Kurz vor seinem 18. Geburtstag entschied er sich dann für den Schritt über die Grenze ins Heimatland seines Vaters, die Niederlande.
In der Jugend von Vitesse Arnheim zeigte der damals unbekannte Gosens gute Leistungen und wechselte auf Leihbasis zum FC Dordrecht, mit dem er 2013/14 in die erste Liga aufstieg, 2014/15 im zweiten Leihjahr die Klasse aber nicht halten konnte. Bei den Profis von Vitesse kam er jedoch nie zum Einsatz, wechselte dann direkt zu Heracles Almelo, wo er erneut sofort Stammspieler war. Immer noch kannte den Deutsch-Niederländer kaum jemand.
Von der Nationalmannschaft war er auch 2017 bei seinem Wechsel zu Atalanta Bergamo noch weit entfernt. Doch hier sollte sein großer Entwicklungssprung folgen. Nach einem Jahr als Rotationsspieler war er 2018/19 Stammspieler der Mannschaft, die überraschend den dritten Platz in der Serie A eroberte und die Herzen der Fans gewann - und auch in seinem Heimatland erlangte der Deutsche mit diesem ungewöhnlichen Karriereweg Bekanntheit.
Was folgte, weiß mittlerweile jeder: Er kämpfte sich bei Atalanta in die deutsche Nationalmannschaft und Inter Mailand verpflichtete den linken Flügelverteidiger, per Leihe mit Kaufpflicht, im Januar 2022. Doch die damals andauernde Verletzungssituation machte ihm das Leben schwer und er hatte keinen guten Start bei Inter. Nach eineinhalb Jahren als Rotationsspieler beim italienischen Topklub geht Gosens nun einen kleinen Schritt zurück - aber nur, um Anlauf zu nehmen und bei Union Berlin erneut voll durchzustarten.
Niklas Staiger