Bundesliga
Köln – In der Kunst stehen Autoren und Musikern Zahlungen für jede Aufführung oder Wiedergabe des eigenen Werkes zu. Diese Vergütung wird Tantieme genannt. Gäbe es im Fußball eine ähnliche Regelung, der Unterhalt der Familie Robben wäre auf Generationen gesichert. Der Star des FC Bayern München prägte zehn Jahre das Spiel der Bundesliga und hat jetzt seine Karriere beendet.
Sein Markenzeichen wird weltberühmt bleiben. Jeder Fußball-Fan weiß, was gemeint ist, wenn von einem Robben-Tor gesprochen wird. Da ist es auch unerheblich, ob der Niederländer den Treffer wirklich selbst erzielt.
Auch, wenn jede Woche von der Bundesliga bis in die Kreisliga Robben-Tore fallen: Niemand konnte so schön von der Außenbahn nach innen ziehen und den Ball ins lange Eck jagen wie Arjen Robben persönlich. Zahllose seiner insgesamt 99 Bundesliga-Tore hat der mittlerweile 35-Jährige auf diese Art erzielt. Das Erstaunliche dabei war, dass seine Gegenspieler eigentlich genau wussten, was gleich kommen würde, aber es einfach nicht verteidigen konnten.
Die Quote des Niederländers war atemberaubend. Durchschnittlich alle 141 Minuten erzielte Arjen Robben in seiner Bundesliga-Karriere einen Treffer – das ist für Mittelfeldspieler historischer Bestwert. Und die Liste der Bundesliga-Spieler, die im Schnitt noch weniger Zeit für einen Treffer brauchten, liest sich fast wie eine Top-Liste der besten Bundesliga-Stürmer der Geschichte. Nur Gerd Müller, Robert Lewandowski, Pierre-Emerick Aubameyang, Marcio Amoroso, Timo Konietzka, Mario Gomez, Luca Toni, Edin Dzeko, Patrick Helmes, Roy Makaay und neuerdings der Dortmunder Paco Alcacer haben einen besseren Minutenschnitt. Sieben der elf Spieler waren auch mindestens ein Mal Torschützenkönig in der Bundesliga.
Helmes und Makaay liegen mit 139 Spielminuten pro Tor im historischen Rankling nur denkbar knapp vor ihm. Besonders beeindruckend ist, dass er bis zuletzt kaum nachgelassen hatte: 2018/19 ließ Robben es alle 142 Minuten klingeln. Es ist fast tragisch, dass er die Marke von 100 Bundesliga-Toren nicht mehr erreichte. Er wäre nach Robert Lewandowski erst der zweite Ausländer in der Geschichte des Rekordmeisters gewesen, der diese Marke knackt.
Nun werden keine weiteren Spiele mehr dazu kommen. "Es ist ohne Zweifel die schwierigste Entscheidung, die ich in meiner Karriere treffen musste. Eine Entscheidung, bei der Herz und Verstand kollidierten", erklärt Robben selber zu seinem Rücktritt. Er könnte noch immer die Abwehrreihen in Europa in Angst und Schrecken versetzen, sofern er die Gesundheit mitspielt, aber genau das ist das Problem. Es ist ein Zeitpunkt, der zum Vollprofi Robben passt.
Als Niko Kovac im Sommer der Süddeutschen Zeitung ein Interview gab, schwärmte er in den höchsten Tönen von seinem Routinier: "Ich hatte schon viel von ihm gehört, aber er hat alle Erwartungen um ein Vielfaches übertroffen. Was dieser Mann jeden Tag für seinen Beruf tut, ist faszinierend. So einer kann jungen Spielern was vorleben", sagte der damals neue Trainer des FC Bayern München.
In seinem letzten Jahr wirkte der Niederländer gelöster als in den Jahren zuvor. "Ich versuche, jeden Moment zu genießen. Manchmal musst du realisieren, wie glücklich du bist, dass du jedes Spiel hier in einer vollen Allianz Arena spielen kannst. Dann musst du das auch genießen", erklärte der Vater von drei Kindern.
Einen weiteren Meilenstein seiner setzte Robben am 4. Spieltag gegen den FC Schalke 04. Das 2:0 in Gelsenkirchen war sein 150. Bundesliga-Sieg im 193. Spiel – so schnell erreichte kein anderer Akteur der Historie diese Marke. Und natürlich sind es nicht nur die Tore, die den Niederländer ausmachen, auch als Vorlagengeber glänzt der Linksfuß wie kaum ein anderer Spieler. In 198 Bundesliga-Spielen legte er 71 Tore auf, insgesamt war er damit an 170 Bundesliga-Treffern der Bayern direkt beteiligt. Nimmt man alle Pflichtspiele zusammen, die Robben für den Rekordmeister in seiner Karriere bestritten hat, liegt der einstige Oranje-Star bei 257 Torbeteiligungen, zusammengesetzt aus 144 Toren und 113 Torvorlagen.
Wie sehr Robben und sein kongenialer Partner Franck Ribéry, vom Boulevard als "Robbery" bezeichnet, die Geschicke der Bayern im letzten Jahrzehnt bestimmt haben, zeigt auch die Hommage von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, die dieser auf der Jahreshauptversammlung des FCB zum Besten gab: "Das Duo Robbery bekommt ein eigenes glorreiches Kapitel in unserer Geschichte. Sie haben über 700 Spiele absolviert, dabei 261 Tore geschossen und 289 Vorlagen gegeben. Sie sind Legenden des FC Bayern."
Und Robbens Signature-Move wird sicherlich auch in Jahrzehnten noch in jedem Zusammenschnitt über die größten Momente der Bayern-Historie zu sehen sein. Nur Robben selber hat zumindest auf professioneller Ebene sein letztes Robben-Tor geschossen.
Florian Reinecke