Aller guten Dinge sind Bayer 04!

"Er wird nun mit unserer Mannschaft zunächst wieder einen klaren und dominanten Spielstil erarbeiten", sagte Leverkusens Sportgeschäftsführer Simon Rolfes zur Verpflichtung des neuen Trainers: "Kasper ist der Richtige, um unsere neue Werkself wieder zu einer Topmannschaft zu entwickeln, die anspruchsvollste nationale und internationale Ziele anstreben wird."

Für Hjulmand ist es eine Rückkehr in die Bundesliga, allerdings auch eine Rückkehr als Vereinstrainer. Zuletzt hatte der 53 Jahre alte Coach bis zur EM-Endrunde 2024 die Nationalmannschaft seines Heimatlandes trainiert, scheiterte dort im Achtelfinale in Dortmund an der DFB-Elf. Doch wer ist der Däne, der die "Werkself" wieder in die Spur bringen soll?

Schon mit 26 Jahren wurde Kasper Hjulmand vom Spieler zum Trainer: Der Defensivmann musste nach mehreren Knie-Operationen seine Karriere beenden – und wechselte direkt an den Seitenrand. In der Jugendabteilung bei Lyngby BK begann sein neues Leben als Trainer, das ihn nach dem finanziellen Absturz seines Clubs sogar zum Chefcoach und Mädchen für alles machen sollte.

Gemeinsam mit Namen wie Thomas Frank (heute Coach der Tottenham Hotspur) führte er seinen Verein zurück in die erste dänische Liga und wechselte als Co-Trainer zu FC Nordsjaelland. Unter Ex-Nationalspieler Morten Wieghorst sorgte der Provinzverein bereits für Furore – und das sollte sich nicht ändern, als 2011 Hjulmand das Ruder übernahm. Der Höhepunkt: 2012 wird der FCN erstmals dänischer Meister!

Taktisch anspruchsvoll, fußballerisch attraktiv: Es ist Hjulmands Herangehensweise, die ihn bis heute in Europa zu einem begehrten Trainer macht. Ob ein 4-3-3 mit seitenverkehrt eingesetzten Flügelstürmern oder die Dreierkette im Defensivverbund: Die Teams der Dänen sind unverkennbar von den Ideen bei Ajax Amsterdam oder dem FC Barcelona geprägt und sollen flexibel sowie dominant agieren.

Das kommt bekannt vor? Auch unter Xabi Alonso war Leverkusen unter denselben Prämissen unterwegs – und das hochgradig erfolgreich. Auf diesen Pfad will die "Werkself" nach dem gescheiterten Experiment mit Erik ten Hag zurückkehren. Und dafür ist Kasper Hjulmand eine äußerst kluge Wahl, gilt der Däne doch als jemand, dessen Mannschaften Wiedererkennungswert und Identifikation auf und neben dem Platz vereinen.

Das war auch die Hoffnung des 1. FSV Mainz 05, als die Rheinhessen den Dänen 2014 als Nachfolger von Thomas Tuchel vorstellten. Ein schweres Erbe anzutreten – das ist also kein neues Terrain für den 53 Jahre alten Fußballlehrer. "Ich sollte eigentlich ein Jahr zur Vorbereitung auf die Bundesliga bekommen, dann wurden es allerdings nur wenige Wochen", schilderte Hjulmand später den abrupten Start seiner Mainzer Mission.

Für den ehrgeizigen Dänen wurde es der erste große Rückschlag seiner bis dahin makellosen Karriere, nach diversen Aufs und Abs in der Saison war bereits im Februar 2015 Schluss bei den "Nullfünfern" – ausgerechnet nach einer Niederlage gegen den von der Mainzer Legende Jürgen Klopp gecoachten BVB. Wie ein Mensch ohne Aufgabe habe er sich im Anschluss an das Aus bei den Rheinhessen gefühlt, so Hjulmand.

Ein Schritt zurück in die alte Heimat gab dem Coach seine Motivation zurück. Nach der Zeit in der Bundesliga findet Hjulmand seine Aufgabe wieder beim FC Nordsjaelland, mittlerweile im Besitz der "Right to Dream Academy". Nicht nur Fußball im Kopf zu haben – das tut Hjulmand, der sich privat auch für das Wohl von Menschen mit Lernbehinderungen einsetzt, sichtlich gut. "Die Rückkehr zum FC Nordsjaelland hat meine Karriere gerettet", betont der dänische Coach.

Doch damit nicht genug: Sein Club wird zum ersten Verein, der der "Common Goal"-Initiative beitritt. Ein Schritt, der auch Hjulmand beeinflusst. Über den Tellerrand hinausblicken, Werte vertreten: Das ist das Fundament, das der Däne auch seinen Sportlern versucht zu vermitteln. Insgesamt gilt Hjulmand als ein so genannter "Players' coach" – also als Trainer, der in seinen Spielern nicht nur Fußballer sieht, sondern ganz nah an den Menschen in seinem Team ist.

Wie das aussehen kann, bekam die ganze Fußball-Welt 2021 zu sehen: Hjulmand, in der Zwischenzeit dänischer Nationaltrainer geworden, führte "Danish Dynamite" in die aufgrund der Corona-Pandemie verschobenen EM. Der Auftakt hätte kaum schlimmer sein können: Dänemarks Superstar Christian Eriksen kollabierte vor dem Halbzeitpfiff und wurde nach einem Herzstillstand noch auf dem Platz mit Erfolg wiederbelebt. Eine prägende Erfahrung, die das Team zusammenrücken und bis ins Halbfinale vorstießen ließ, wo für die Überraschung des Turniers gegen England erst in der Verlängerung Schluss war. 

Dem Land den Stolz auf ihre Nationalmannschaft zurückzugeben, das sei der eigentliche Erfolg gewesen. Nachdem Hjulmand die Dänen zur WM 2022 und zur EM 2024 führte, war dann Schluss für ihn. Auf in neue Abenteuer. Ein Abenteuer, das ihn nun nach Leverkusen bringt. Schon drei mal galt Hjulmand als Trainerkandidat bei der "Werkself", aber vielleicht heißt es in diesem Falle: Aller guten Dinge sind Bayer 04!