Bundesliga
Seit Xabi Alonso das Traineramt bei Bayer 04 Leverkusen übernommen hat, hat sich die Werkself zu einer der Topmannschaften Europas entwickelt. Der vorläufige Höhepunkt war die erste Meisterschaft der Clubgeschichte 2024. Ein jetziger Kollege und einstiger Mentor hat diese Entwicklung bereits vor Jahren vorhergesagt. Eine Analyse der Erfolgsgeschichte.
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Es ist nicht übermittelt, wie eng José Mourinho den Werdegang von Bayer 04 Leverkusen unter Xabi Alonso verfolgt, es ist allerdings gut vorstellbar, dass sich "The Special One" gegenüber seinen Liebsten häufiger zufrieden zurücklehnt und mit dem ihm eigenen Selbstbewusstsein erklärt: “Ich habe es euch doch gesagt!“.
Tatsächlich war es der Portugiese, der die erfolgreiche Trainerkarriere von Xabi Alonso öffentlich vorhergesagt hat. 2019, in einem Interview für einen seiner Sponsoren, erinnerte Mourinho an die exzellenten Trainervoraussetzungen seines ehemaligen Mittelfeldstrategen: "Sein Vater war ein Trainer, er ist ähnlich aufgewachsen wie ich. Dann wurde er Spieler – natürlich viel besser als ich“, erklärte Mourinho und lobte im nächsten Atemzug Alonsos "Stellungsspiel und Wissen über das Spiel“.
Alonso habe in Spanien, in England und in Deutschland gespielt. "Er wurde von Pep Guardiola bei Bayern von mir und Carlo Ancelotti bei Real Madrid und von Rafael Benitez bei Liverpool trainiert", so der portugiesische Startrainer, der zu dem Schluss kam: "Wenn man all das zusammennimmt, hat Xabi die besten Voraussetzungen, ein sehr guter Trainer zu sein!"
Diese hohen Erwartungen hat Xabi Alonso nur wenige Jahre nach dem Interview bereits übertroffen. 2023/24 war der "Werkself" die Meisterschale nach dem 5:0-Erfolg in Bremen am 29. Spieltag schon rechnerisch nicht mehr zu nehmen - und auch im Saisonfinale ließ die Werkself nicht nach und krönte sich zum ersten unbezwingbaren Meister der Bundesliga-Historie.
Das Europa-League-Finale gegen Atalanta Bergamo ging im Anschluss zwar verloren, aber dafür wurde der 1. FC Kaiserslautern im Pokalfinale bezwungen und das Double perfekt gemacht. Auch 2024/25 ist man erneut im Titelrennen dabei und nur einen Sieg bei Drittligist Arminia Bielefeld von einem weiteren Pokalfinale entfernt. Grund genug, einen Blick auf den Werdegang des Basken zu werfen.
Zum Zeitpunkt von Mourinhos Vorhersage 2019 war Xabi Alonso gerade dabei, seine erste Rolle als Cheftrainer im Erwachsenenbereich zu verinnerlichen. Nach einem Jahr als Jugendtrainer bei Real Madrid übernahm Alonso die zweite Mannschaft von Real Sociedad in der dritthöchsten spanischen Spielklasse. Wie bereits bei den Königlichen, wo er als Spieler über jeden Zweifel erhaben war und sich als Jugendtrainer in Ruhe ausprobieren durfte, wählte Alonso auch diese Station clever.
In dieser für ihn sehr positiven Gemengelage durfte sich Alonso drei volle Saisons entwickeln, Fehler machen, Formationen ausprobieren und den Umgang mit angehenden Profis entlang der schwierigen Corona-Pandemie erlernen und verinnerlichen. In 98 Ligaspielen holte er sehr ordentliche 1,46 Punkte im Schnitt, stieg in der zweiten Saison gar in die zweite spanische Liga auf, die sich in der dritten Spielzeit allerdings als eine Klasse zu hoch erwies für Alonsos Mannschaft. Doch der Grundtenor der geleisteten Arbeit wurde nicht nur innerhalb Spaniens, sondern auch international mehr als positiv bewertet.
Alonso selbst hatte Anfang 2022 gegenüber "RTL" zugegeben, konkrete Gespräche mit Borussia Mönchengladbachs damaligem Sportchef Max Eberl (heute FC Bayern) geführt zu haben, verlängerte aber unmittelbar danach 2021 bei Sociedad und erklärte ein Jahr später: "Ich muss auch noch etwas wachsen, mich verbessern, um ein guter Trainer zu werden. Wer weiß, was die Zukunft dann bringt", so der einstige Mittelfeld-Star nach der Offerte der "Fohlenelf“.
Als Bayer 04 im Herbst 2022 in eine sportliche Krise schlitterte, kontaktierten die Verantwortlichen Fernando Carro und Simon Rolfes den Spanier erfolgreich. Alonso führte Bayer zunächst aus dem Tabellenkeller heraus, die Verantwortlichen schützten den Spanier in einer weniger konstanten Phase innerhalb der Rückrunde. Am Ende der Saison wurde Rang sechs und die Qualifikation für die Europa League in den Statistiken festgehalten.
Rudi Völler nannte es die "beste Idee” seines Nachfolger Rolfes, Alonso als Trainer bei der "Werkself“ zu installieren. "Mit welcher Dominanz und Selbstverständlichkeit Bayer die Spiele bestreitet, so wie wir es von Bayern München in den richtig guten Jahren gewöhnt waren. Das ist schon wirklich überragend“, erklärte der heutige DFB-Sportdirektor Völler.
In der Meistersaison und nach der ersten Sommer-Transferperiode, die Alonso wesentlich mitgestalten konnte, hatte sich das Spiel der Werkself rasant weiterentwickelt. Von den 13 Sommerneuzugängen 2023 ragen auf den ersten Blick vor allem Granit Xhaka auf der Sechs sowie Stürmer Victor Boniface heraus, dem auch dank Alonso der Übergang aus der belgischen Liga in die Bundesliga fließend gelang. Dazu kam der unter Alonso herausragende Linksverteidiger Alejandro Grimaldo ablösefrei von Benfica Lissabon und gilt seitdem europaweit als einer der Besten auf seiner Position.
Die spielerische Komponente hat der Meistercoach dabei seinem Mentor José Mourinho voraus. Bei allen taktischen und menschelnden Themen ist er mindestens auf Augenhöhe. Nur die Vitrine mit den Meisterschaften und Pokalen ist beim Portugiesen deutlich gefüllter. Aber Alonso arbeitet daran, diese Lücke zu schließen.