Bundesliga
Am 32. Spieltag kommt es zu einer verrückten Konstellation, die in den Tiefen des Ruhrgebiets in Gelsenkirchen und Dortmund unter normalen Umständen kaum einer gerne sieht: Der FC Schalke 04 könnte Borussia Dortmund mit einem Punktgewinn in München den Sprung an die Tabellenspitze ermöglichen. Da die "Knappen" noch um den Ligaverbleib kämpfen, braucht es per se keine Extra-Motivation. Und doch gibt es da ein kurioses Angebot...
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An einem "normalen" Bundesliga-Wochenende gönnen sich Borussia Dortmund und der FC Schalke 04 nicht mal das Schwarze unter dem Fingernagel. Speziell unter den Anhängern wird die große Rivalität zwischen den Reviernachbarn ausgelebt. Ob im Signal Iduna Park oder in der Veltins-Arena: Wenn auf der Anzeigetafel oder dem Video-Würfel das Ergebnis des Erzrivalen eingeblendet wird, wird von beiden Fanlagern gerne mit einer gewaltigen Portion Hohn und Spott reagiert.
Am kommenden Samstag des 32. Spieltags gestaltet sich die Situation im Ruhrgebiet ein wenig anders: Während S04 bereits um 15:30 beim FC Bayern München für eine Überraschung sorgen will, empfängt der BVB erst abends Borussia Mönchengladbach zum Topspiel. Bei den Schwarz-Gelben dürfte sich also der eine oder andere dabei ertappt fühlen, dem unliebsamen Nachbarn von 15:30 bis circa 17:20 Uhr die Daumen zu drücken - wohl eher drücken zu müssen.
Dem Erzrivalen einen Punktgewinn gestatten? Unter normalen Umständen ein No-Go, insbesondere für die hartgesottenen Anhänger beider Traditionsclubs. Zumal ein Unentschieden oder Sieg der "Knappen" zur Folge hätte, dass ein Klassenerhalt der Gelsenkirchener wahrscheinlicher würde. Das kann doch nicht ernsthaft jemand mit einem schwarz-gelben Logo auf der Brust wollen, oder?
Nach dem 30. Spieltag hatte Bayern die Tabellenführung aufgrund des Patzers des BVB in Bochum zurückerobert, sodass nun wieder Dortmund auf einen Ausrutscher der Münchner hoffen muss. Sollte der Rekordmeister ausgerechnet gegen Königsblau Zähler liegen lassen? "Wir wären nicht böse", zitierte die "WAZ" BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl nach dem 6:0-Kantersieg gegen den VfL Wolfsburg: "Wir brauchen Hilfe. So ehrlich müssen wir sein."
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Tritt dieser für beide Parteien hinter vorgehaltener Hand zumindest merkwürdige Fall ein, wäre die Bundesliga um eine weitere verrückte Geschichte reicher. Auf Schalke erinnern sie sich ungern an die Saison 2006/2007 zurück, als ihnen am vorletzten Spieltag vom BVB höchstpersönlich in die Meistersuppe gespuckt wurde. Ein königsblauer Sieg hätte aus Fan-Sicht wieder einen faden Beigeschmack, wenngleich S04 die Punkte bitter nötig hat, um erfolgreich aus dem Abstiegskampf hervorzugehen.
"Wir haben nichts zu verlieren. Wir wollen da auch was mitnehmen, auch wenn es extrem schwer wird", richtete Schalkes Tom Krauß kurz nach dem geglückten Last-Minute-Drama in Mainz eine Kampfansage an die Münchener. Es ist zu erwarten, dass es den S04-Profis in erster Linie um das eigene Überleben geht und ihnen die daraus entstehenden Konsequenzen für den Reviernachbarn nebensächlich erscheinen.
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Vergleiche, bei denen Königsblau Schwarz-Gelb unter die Arme griff, liegen weit, weit zurück: zum Beispiel Anfang der 1930er Jahre, als Dortmund ohne Erfolg und ohne Trainer dastand. "Da wurde Stürmer August Lenz – der erste BVB- Nationalspieler – vom Verein beauftragt wurde, mit den Schalkern zu reden, mit denen er sich angefreundet hatte. Er sollte sie fragen, wie man endlich wieder erstklassig werden könnte", erzählte vor Jahren der ehemalige BVB-Sprecher und heutige Archivar, Gerd Kolbe. Daraus ergab sich, dass zunächst Schalke-Idol Ernst Kuzorra und anschließend sein Schwager und Ex-Schalke-Stürmer Fritz Thelen die Trainerbank der Dortmunder übernahmen und den BVB in die erste Liga führten.
In dieser wollen die "Knappen" in diesem Jahr unbedingt bleiben. Es bedarf also keinerlei Extra-Motivation. Der Oberbürgermeister der Stadt Dortmund, Thomas Westphal, unterbreitet den S04-Profis aber dennoch ein amüsantes Angebot: "Wenn der FC Schalke 04 am nächsten Wochenende den FC Bayern schlägt und der BVB dadurch Meister wird, dann lade ich die aktuelle Schalker Mannschaft ins Rathaus ein, damit sie sich ins Goldene Buch Dortmunds einträgt."
Ob dieses Szenario jemals zustande kommt? Wohl eher nicht. Viel wahrscheinlicher ist es, dass die nimmermüden und formstarken Schalker ihre eigene Geschichte in der Bundesliga weiterschreiben wollen. Wenn dabei Zählbares in der Allianz Arena herausspringt, dann gäbe es im Ruhrgebiet trotz aller Rivalität wohl nur lachende Gesichter. Königsblau würde einen riesigen Schritt in Richtung Klassenerhalt machen und Schwarz-Gelb könnte sich am Samstagabend mit einem Sieg gegen die Fohlenelf zwei Spieltage vor Schluss die Tabellenspitze wieder unter den Nagel reißen.