60 Jahre Bundesliga
Christoph Kramer erzielte eines der kuriosesten Eigentore der Bundesliga-Geschichte. Im Interview mit bundesliga.de erzählt er, wie sich das angefühlt hat und wie positiv die Reaktion von Mit- und Gegenspielern sowie von den Fans ausfiel.
Am 9. November 2014 fiel eines der kuriosesten Eigentore in 60 Jahren Bundesliga. In der Partie Borussia Dortmund gegen Borussia Mönchengladbach spielte Tony Jantschke den Ball zu Christoph Kramer. Der Weltmeister von 2014 wollte direkt zurück zu seinem Torwart Yann Sommer passen, aber der Versuch missglückte. In hohem Bogen flog der Ball über Sommer hinweg ins Tor zum entscheidenden 1:0 für den BVB. Ein Eigentor aus über 40 Metern? Ein neuer Rekord!
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Wir haben mit Kramer über dieses Tor gesprochen, dass ihn ebenso sehr begleitet wie die schönsten Treffer auf der richtigen Seite des Feldes. Der 32-Jährige erzählt, was ihm damals durch den Kopf gegangen ist und wie die Reaktion von Mit- und Gegenspielern ausfiel.
bundesliga.de: Christoph Kramer, hatten Sie gehofft, dass das Eigentor vom 9. November 2014 so langsam in Vergessenheit gerät?
Christoph Kramer: Ich habe damit gerechnet, dass es irgendwann wieder zum Thema wird. Zu verschiedenen Jubiläen werde ich darauf angesprochen. Aber es ist nur noch ein Thema für die Medien, im Alltag erwähnt es mir gegenüber niemand mehr.
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Können Sie die Szene noch einmal aus Ihrer Sicht beschreiben?
Ich habe den Ball bekommen und wollte passen, aber in dem Moment, als der Ball den Fuß verlassen hat, habe ich mir schon gedacht: Das könnte etwas fest gewesen sein. Also hatte ich schnell eine Ahnung, was passieren würde. Für eine Millisekunde habe ich gedacht und gehofft: Der geht an den Pfosten. Überhaupt hat es sich angefühlt, als wäre der Ball viel länger unterweg gewesen, als er es tatsächlich war. Dann merkte ich, er geht leider rein.
Was passierte dann?
Sebastian Kehl, und ich glaube auch Sven Bender, haben mich direkt in den Arm genommen, was ich sehr nett fand. In der Situation brauchst du allerdings alles, nur keinen Trost. Die Reaktion der Fans war richtig geil, ich habe Sprechchöre bekommen. Dann ging es aber auch schon weiter und die Szene war schnell abgehakt.
War es aus Ihrer Sicht bemerkenswert, dass Sie von Dortmunder und Gladbacher Seite aufgebaut wurden?
Ich glaube, wenn sowas passiert, ist jeder schnell dabei, auch den Gegenspieler aufzubauen. Es geht zwar immer ums Gewinnen und Verlieren, aber jeder ist auch Mensch genug und weiß, dass es sich nicht gut angefühlt hat. Dass man da aufmunternde Worte bekommt, ist normal.
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Ebenso normal war sicher, dass Sie im Training in den folgenden Wochen den einen oder anderen flapsigen Spruch zu hören bekamen, oder?
Auf jeden Fall gab es in den nächsten Wochen ein paar Sprüche. Das war aber nie böse gemeint, sondern immer mit einem Augenzwinkern. Es ebbte dann allerdings auch schnell wieder ab. Im Fußball passiert so viel und der berühmte Spruch stimmt: Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern. Daher wurde dann auch bald über andere Dinge gesprochen.
Dortmunds Trainer Jürgen Klopp sagte damals über Sie: „Für ihn wird dieses Tor als Kuriosität eine Randnotiz in seinem Leben bleiben.“ Sind Sie froh darüber, dass er Recht behalten hat?
Ja, auf jeden Fall. Jürgen Klopp hat generell mit dem, was er sagt zu 99 Prozent Recht, also sollte das in diesem Fall nicht anders sein.
Glauben Sie, dass die Bundesliga irgendwann ein Eigentor aus größerer Distanz als Ihres erlebt?
So etwas kann immer wieder passieren, ich würde es nicht ausschließen. Es gibt keinen bestimmten Spieler, dem ich so etwas zutraue, ich hätte es mir selbst aber auch nicht zugetraut. So ein Eigentor ist einfach ein Unglück, das passieren kann.
Interview: Tim Müller