EURO 2024

2024-07-07T10:00:00Z

Mit gesenkten Köpfen, aber erhobenen Hauptes

Große Enttäuschung bei der DFB-Elf
Große Enttäuschung bei der DFB-Elf

Der Traum vom EM-Titel im eigenen Land ist auf dramatische Art und Weise geplatzt. Deutschland hat das Viertelfinale gegen Spanien unglücklich 1:2 nach Verlängerung verloren, aber im Land wieder eine Fußball-Euphorie entfacht und Hoffnung auf mehr genährt.

Leere in den Blicken der Nationalspieler, Stille in großen Teilen des Runds im Stuttgarter Stadion. Der Stecker der schwarz-rot-goldenen Sommerparty gezogen. Völlig losgelöst feierte nur noch Spanien nach dem 2:1-Erfolg nach Verlängerung über Deutschland - das deutsche Raumschiff landete nicht schwerelos, sondern besonders hart auf dem Boden der Realität. "Von Sekunde zu Sekunde ist es härter, es zu realisieren. Gerade gibt’s keinen Ausweg, seinen Gefühlen aus dem Weg zu gehen", sagte der sichtbar enttäuschte Niclas Füllkrug, der Spaniens Torhüter Unai Simón unmittelbar vor dem entscheidenden 1:2 durch Mikel Merino noch zu einer Glanzparade gezwungen hatte.

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Nur Zentimeter fehlten und Füllkrug wäre wohl der Matchwinner geworden. Ähnlich wenige Zentimeter fehlten Antonio Rüdiger im Zweikampf mit Merino, als dieser in der 119. Minute dieses packenden Viertelfinales den Ball mit dem Kopf neben den linken Pfosten platzierte. Manuel Neuer war ohne Chance, Rüdiger sank zu Boden, Spaniens Sieg-Torschütze setzte zum Jubelsprung an. "Ich kämpfe mit den Tränen. Die Jungs haben in den letzten sechs Wochen echt viel reingeschmissen. Heute haben sie unverdient verloren", sagte Bundestrainer Julian Nagelsmann.

Deutschland mit den besseren Möglichkeiten

Tatsächlich fühlte sich die Niederlage nicht richtig, nicht verdient an. Spanien erwischte zweifelsohne den besseren Start, war im ersten Abschnitt die bessere Mannschaft, mit den besseren Aktionen. Die Führung durch Leipzigs Dani Olmo war nicht unverdient, wenn auch unnötig. Die Zuordnung stimmte bei dem spanischen Angriff nicht, die Räume waren nicht eng genug. Doch Nagelsmann reagierte zur Halbzeit mit einer personellen Korrektur, die Spieler reagierten mit einer Leistungssteigerung. "Wir waren dem Siegtreffer deutlich näher als die Spanier. Am Ende waren wir nicht zwingend besser, aber einen Tick klarer, was die Abschlüsse angeht", sagte Nagelsmann.

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So bei Füllkrugs Pfostentreffer noch in der regulären Spielzeit, beim Ausgleich durch Florian Wirtz in der 89. Minute oder weiteren Chancen der Offensivspieler in der Verlängerung. Deutschland schnupperte am 2:1, dem ersten Erfolg über Spanien bei EM oder WM seit 1988 und stand doch am Ende mit leeren Händen da. Auch, weil ein mögliches Handspiel von Marc Cucurella nicht als solches geahndet wurde, aber anschließend zu heftigen Diskussionen - auch unter den Schiedsrichter-Experten - führte. So entschied Merino die Begegnung. "Es war ein Spiel, wo wir alle alles reingelegt haben, um es nicht zu verlieren. Da waren wir sehr nah dran, umso bitterer ist es", sagte Toni Kroos, der seine Karriere ausgerechnet mit der bitteren Pleite gegen seine Wahl-Heimat beendet. "Jetzt im Moment überwiegt das Turnier-Aus, das steht jetzt im Vordergrund, weil wir alle gemeinsam ein großes Ziel hatten. Der Traum ist jetzt geplatzt."

Niclas Füllkrug trifft nur den Pfosten

DFB-Auswahl entfacht Euphorie und nährt Hoffnung

Wenn der Moment des Frustes ein Ende gefunden hat, werden auch die Fans realisieren, dass die DFB-Elf Großes vollbracht hat. Die Mannschaft von Julian Nagelsmann hat innerhalb weniger Wochen wie bereits 2006 eine fast schon vergessene Euphorie im Land entfacht, die Hoffnung auf ein zweites Sommermärchen bestätigt. Denn auch wenn unterm Strich das Viertelfinal-Aus, das Ende der Heim-EM steht, die Mannschaft hat viel bewegt. Die Bilder der Fan-Meilen in Berlin, München, Dortmund und Co. gingen um die Welt und werden in Erinnerung bleiben. "Ich habe vor der EM nicht gedacht, dass man so ein Gefühl nochmal hinbekommt in Deutschland", sagte Füllkrug.  

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"Wir haben in einem Land, was zu viel in Tristesse versinkt, etwas geweckt. Wir hatten eine tolle Symbiose mit den Menschen im Land, haben Menschen wieder vor den Fernseher geholt, um Fußball zu schauen, die es in der Vergangenheit nicht gemacht haben", ergänzte Nagelsmann und verzierte seine Äußerung mit einem kleinen "aber": "Wir hätten es gerne eine Woche länger gemacht."

Die EM-Party geht nun ohne die deutsche Mannschaft weiter, aber nicht ohne die deutschen Anhänger, die sich als gute Gastgeber erwiesen haben. "Vielen Dank an die Fans für das tolle Gefühl. Schade, dass es nur bis zum Viertelfinale gereicht hat. Es tut übertrieben weh und ist schwer, damit umzugehen", sagte Füllkrug. "Es war mir eine Ehre, für euch auf dem Platz zu kämpfen."

Enttäuschendes Ende: Toni Kroos nach dem letzten Spiel seiner Karriere

Nagelsmann: "Natürlich wollen wir Weltmeister werden"

Die deutsche Auswahl verabschiedet sich vor dem finalen Kapitel dieser Heim-EM mit gesenkten Köpfen, aber erhobenen Hauptes. Denn ganz nebenbei hat diese Vorstellung auch sportliche Hoffnung genährt. Nach drei teils desaströsen Großturnieren mit dem jeweiligen Gruppen-Ende bei den Weltmeisterschaften 2018 und 2022 sowie dem Achtelfinal-Aus gegen England bei der EM 21 hat sich die Mannschaft von Julian Nagelsmann im internationalen Fußball wieder Respekt verdient. Und der wird bleiben.

>>> Der aktuellen Tabellenstand aller Gruppen der EURO 24

Die DFB-Auswahl hat in dem Duell gegen die bislang überragende "Furia Roja" bewiesen, dass sie mit der internationalen Konkurrenz wieder mithalten kann. Nun folgt möglicherweise ein Generationenwechsel. Toni Kroos hat seinen Abschied verkündet, möglicherweise werden Spieler wie Thomas Müller und Manuel Neuer folgen. Nagelsmann wird eine schlagkräftige Truppe formen müssen. Denn die Zielsetzung für das nächste Turnier hat der Bundestrainer schon vorgegeben: "Das Traurigste ist, dass eine Heim-EM in meiner Karriere wahrscheinlich nicht mehr kommt. Das tut weh und auch, dass man zwei Jahre warten muss, dass man Weltmeister wird, tut auch weh", sagte Nagelsmann. "Dir gefällt euch die Aussage, da werden die Augen groß. Was soll ich sagen: Dass wir in der Vorrunde ausscheiden? Natürlich wollen wir Weltmeister werden, das will jede Mannschaft, die teilnimmt in der Qualifikation." Spätestens dann geht die Party weiter.

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