Bundesliga
Fast 45 Jahre ist Rudi Völler im Profifußball tätig. Er war Profi, Trainer, Teamchef der Nationalmannschaft, Sportdirektor, jetzt geht er in seine letzte Saison als Geschäftsführer Sport von Bayer 04 Leverkusen. Wie fühlt sich das an? Im Interview mit dem DFL MAGAZIN (Ausgabe 4|21) spricht der 61-Jährige über seine Abschiedssaison und seine Karriere.
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Frage: Herr Völler, kommen Sie in dieser Saison von jedem Auswärtsspiel mit einem Blumenstrauß nach Hause?
Rudi Völler: Ich hoffe nicht. (lacht) Ich kenne das, das war schon in meiner letzten Saison als Spieler vor 25 Jahren so. Ein Vereinsverantwortlicher fing vor Weihnachten damit an, mir ein Präsent zu überreichen. Von da an bekam ich bei jedem Auswärtsspiel etwas geschenkt. Das war schön, aber auch ein bisschen unangenehm: mitten im Abstiegskampf vor fast jedem Spiel im Fokus zu stehen, mit einem Geschenk in der Hand. Wenn wir oben in der Tabelle gestanden hätten, wäre das anders gewesen.
Frage: Der Abstiegskampf dürfte Ihnen diesmal kaum drohen, schließlich hat Bayer 04 Leverkusen in den vergangenen zwölf Spielzeiten fünf Mal die Qualifikation für die UEFA Champions League geschafft, sechs Mal die UEFA Europa League erreicht.
Völler: Man sollte sich nie zu sicher sein. Vor vier Jahren sind wir in der Rückrunde der Bundesliga unten reingerutscht, und das nach einer guten Gruppenphase in der Champions League. Erst am vorletzten Spieltag waren wir rechnerisch durch. Aber insgesamt haben wir das über die vergangenen zwei Jahrzehnte sehr gut gemacht. Wir haben meist attraktiven Fußball gespielt, hatten viele tolle Spieler und mit der Bayer AG einen tollen Partner.
Frage: Aber eine Trophäe in der Hand zu halten, ist nie gelungen.
Völler: Wir lechzen natürlich nach einem Titel. In den vergangenen 15 Jahren DFB-Pokalsieger zu werden oder die Europa League zu gewinnen, das hat schon im Bereich des Möglichen gelegen. Wir haben es leider nicht geschafft. Ich finde aber, es wird von Teilen der Öffentlichkeit zu wenig wertgeschätzt, wie schwer das Erreichen der Champions League ist. Das ist eigentlich ähnlich einzuordnen wie ein Pokalsieg – finanziell sogar lukrativer und für die weitere Entwicklung entscheidender. Doch es wird von Außenstehenden weniger gewürdigt, weil du danach keinen Pokal in der Hand hast.
Frage: Nun wird es Ihre letzte Saison bei Bayer 04 Leverkusen und damit, nach fast 45 Jahren, Ihre letzte im Profifußball. Wie fühlt sich das an, anders als sonst?
Völler: Noch nicht. Aber es wird irgendwann kommen, dieses Gefühl. Mir war schon lange klar, dass es meine letzte Saison in dieser Form sein würde. Ich bin schon so lange dabei, und in den vergangenen zwei, drei Jahren habe ich doch gemerkt, dass mir ein paar Dinge, ein paar Abläufe schwerer gefallen sind. Genauso wie es am Ende meiner Zeit als aktiver Spieler war. Ich habe ja erst mit 36 aufgehört, wollte eigentlich nach meiner Zeit in Marseille nur noch eine Saison daheim in Deutschland spielen, dann wurden in Leverkusen zwei Jahre daraus. Die letzte Saison war dann nicht mehr gut, ich war oft verletzt, konnte nicht mehr Topleistungen bringen, und am Ende sind wir fast abgestiegen. So haben die Leute hier in Leverkusen den richtigen Rudi Völler ja gar nicht mehr erleben können. Erst danach, in anderen Funktionen.
Frage: Sie gingen danach bei Manager Reiner Calmund in die Lehre. Was haben Sie dabei gelernt?
Völler: Dass man auch Entscheidungen treffen muss, die vielen nicht gefallen. Dass man Gegenwind aushalten muss. Und wenn man das Gefühl hat, nicht gut behandelt zu werden, muss man sich wehren. Das habe ich bei passender Gelegenheit auch gemacht, und es ist mir nicht schwergefallen. Ganz im Gegenteil: Auch in diesem Jahr werde ich das immer noch gern machen, wenn es notwendig ist.
Frage: Die Bandbreite Ihrer Karriere ist ziemlich einzigartig.
Völler: Ja, ich werde in die Clubgeschichte mit etwas eingehen, das es so vermutlich kaum noch einmal geben wird: Ich war Spieler, Sportdirektor und auch Trainer. Zwei Mal bin ich ja eingesprungen, einmal nach der Trennung von Christoph Daum und einmal nach Klaus Augenthaler.
Frage: Und nebenbei auch noch Bundestrainer, als Sie nach der Trennung von Erich Ribbeck im Jahr 2000 in die entscheidende DFB-Sitzung als Bayer-Vertreter gingen und als Ribbeck-Nachfolger herauskamen.
Völler: Man darf das nicht vergessen. Es ging damals darum, das eine Jahr zu überbrücken, bis Christoph Daum übernehmen sollte. Am Ende wurden es vier. Und einige Wochen davon habe ich sogar parallel den Job als Bundestrainer und den als Interimstrainer bei Bayer 04 Leverkusen gemacht. In der Situation habe ich aber schnell gemerkt, dass beides nicht geht, und mich für die Nationalmannschaft entschieden.
In der aktuellen Ausgabe 4|21 des DFL MAGAZINS gibt Rudi Völler auch einen Einblick in seine Pläne nach der Karriere und er verrät, worum er die heutige Profi-Generation beneidet. Das gesamte Gespräch gibt es in der kostenlosen ePaper-App für iOS und Android.