Bundesliga
Es ist eine besondere Marke, die erst 13 Akteure erreicht haben: 100 Länderspiele für Deutschland. Im Halbfinale der Nations League gegen Portugal ist Joshua Kimmich in diesen elitären Kreis aufgestiegen.
Vor wenigen Tagen jährte sich das Testspiel Deutschlands gegen die Slowakei zum neunten Mal: Vor der EM 2016 traf die DFB-Elf von Bundestrainer Joachim Löw auf die Slowakei um Marek Hamšík, den Mittelfeld-Strategen mit der Irokesenfrisur.
Noch gewöhnungsbedürftiger als das Haupthaar des damaligen Napoli-Stars: das Ergebnis aus deutscher Sicht. Die deutsche Nationalmannschaft setzte den EM-Test Ende Mai mit einem 1:3 ins Wasser.
Von den damals vier DFB-Debütanten stach einer heraus, wenn auch im negativen Sinne: Joshua Kimmich. Der Mittelfeldmann des FC Bayern München bekleckerte sich wahrlich nicht mit Ruhm: "Wir haben zwei Standardgegentore kassiert, an beiden war mein Gegenspieler beteiligt, da ging wirklich fast gar nichts", erinnert sich Kimmich im "kicker" selbstkritisch an sein erstes Länderspiel.
Neun Jahre später ist der Ehrgeizling zum Kapitän der DFB-Elf aufgestiegen und unter Bundestrainer Julian Nagelsmann gesetzt – sei es als rechter Verteidiger oder als Stratege im Zentrum.
Der gebürtige Rottweiler hat seit diesem 1:3 gegen die Slowakei 98 weitere Länderspiele bestritten, im Halbfinale der Nations League hat er am Mittwoch gegen Portugal die 100 vollgemacht – in seinem Münchener Wohnzimmer, der Allianz Arena.
"Das ist natürlich ein amtlicher Meilenstein und für mich persönlich schon sehr besonders. Das ist wirklich etwas, worauf ich echt stolz bin und, denke ich, auch sein darf", sagte er dem Fachmagazin.
Und wie er darauf stolz sein darf: Neun Jahre hat der Mittelfeld-Chef des FC Bayern seit seinem ersten Länderspiel auf höchstem Niveau agiert, sammelte seither acht Deutsche Meisterschaften, zwei DFB-Pokale und 2020 triumphierte Kimmich mit dem FCB in der Champions League.
Mit der Nationalelf gab es seither einen Titel: 2017 gewann der mittlerweile 30 Jahre alte Defensivspieler den Confed Cup in St. Petersburg. Seitdem erreichte die DFB-Elf kein Halbfinale mehr bei einem großen Turnier – bis jetzt. Nach der starken Heim-EM im vergangenen Jahr will Kimmich nun in der Nations League in Deutschland mit dem Bundesadler auf der Brust nach Titeln greifen.
"Wenn wir das Turnier gewinnen, wäre das ein gutes Signal – nach außen, aber auch nach innen", ordnet Kimmich ein. Zuletzt zeigte die Nationalelf begeisternden Fußball und verlor nur eine der vergangenen 17 Partien – das EM-Viertelfinale gegen den späteren Europameister Spanien.
Kimmich, der auf und neben dem Platz eine Führungsfigur des DFB sowie des FCB ist, will mit dem Sieg in der Nations League Schwung und Euphorie ins nächste Jahr mitnehmen, wenn die WM 2026 ansteht. Dort will er seine Karriere mit der deutschen Nationalmannschaft vergolden und Weltmeister werden.
Bis dahin sind aber noch einige Partien zu spielen, auf dem Weg zur Endrunde in den USA, Kanada und Mexiko kann Kimmich einige Größen des deutschen Fußballs in der Länderspiel-Tabelle hinter sich lassen. Sechs Länderspiele fehlen dem 30-Jährigen nur noch, um in die Top-10 vorzustoßen und dabei Legenden wie Franz Beckenbauer oder auch Jürgen Kohler zu überholen.
Die meisten Länderspiele hat Lothar Matthäus, wie Kimmich einst Chef bei DFB und FCB: 150 Mal hielt der Mittelfranke seine Knochen für die Nationalmannschaft hin. "Er ging mit 39 in sein letztes Länderspiel, das ist schon eine Hausnummer", blickt Kimmich ehrwürdig zurück. Es müsse "vieles optimal laufen, um die 150 zu knacken." Er muss auf beständig hohem Niveau liefern und bei Turnieren "weiter kommen als in der Vergangenheit".
Beim ersten Schritt, das erstmalige Halbfinale Deutschlands in der Nations League, unterlag Kimmich mit dem DFB-Team 1:2. Das Spiel um Platz drei am Sonntag, Kimmichs 101, Länderspiel, wäre dann zumindest eine Möglichkeit, um Bronze zu erreichen.