Bundesliga
2:3 in Bochum, 0:1 bei Lazio Rom, 0:3 in Leverkusen: Erstmals seit Mai 2015 hat der FC Bayern München drei Pflichtspiele in Folge verloren. Das böse "K-Wort" namens Krise macht die Runde an der Säbener Straße, dem Rekordmeister droht die erste titellose Saison seit zwölf Jahren. Und doch ist die Lage beim FC Bayern bei weitem nicht so schlimm, wie es die derzeitige Stimmung vermuten lässt.
>>> Welche Bayern-Stars hast du im Fantasy Manager?
Die nackten Zahlen sprechen beim FC Bayern beileibe keine einheitliche Sprache: Der Rekordmeister hat nach 22 Spieltagen 50 Punkte auf dem Konto – das sind vier Zähler mehr als zum selben Zeitpunkt der Vorsaison. Von allen Bundesligisten erzielten die Münchener die meisten Tore (61), haben den höchsten xGoals-Wert (58,7), gaben die meisten Torschüsse ab (429), haben die meisten Spielanteile (60 Prozent) und die beste Zweikampfquote (53 Prozent) aller Bundesligisten. Und nur einmal in der Geschichte der Bundesliga hatte ein Tabellen-Zweiter nach 22 Spieltagen noch mehr Punkte als der FCB aktuell: 2015/16 reichte Borussia Dortmund hinter Guardiolas Wunder-Bayern (59 Punkte) selbst 51 Punkte nur zu Platz zwei.
>>> Magischer Abend vs. Horrorfilm: Bochum schockt die Bayern
Doch wie damals der BVB läuft das Team von Trainer Thomas Tuchel dem Spitzenreiter hinterher, liegt ebenso acht Punkte hinter den rekordverdächtig auftrumpfenden Leverkusenern. Nach den drei Pflichtspiel-Niederlagen hintereinander, darunter im direkten Duell mit dem Titelkontrahent, scheint die Deutsche Meisterschaft für den Rekordchampion außer Reichweite zu liegen. Letztmals sammelte der FC Bayern vor fast neun Jahren im Mai 2015 eine derartige Negativserie ein: Damals standen die Münchener allerdings schon als Meister fest und die beiden verlorenen Bundesliga-Spiele innerhalb dieser Serie hatten weniger Bedeutung als jetzt. Eine vierte Niederlage würde die längste derartige Serie seit über 32 Jahren bedeuten (Herbst 1991 unter Jupp Heynckes und Sören Lerby).
Es droht dem FC Bayern das erste titellose Jahr seit der Saison 2011/12. Waren die Münchener zum Spitzenspiel nach Leverkusen gereist, um die Tabellenspitze zu übernehmen, ist der Abstand nach den Niederlagen bei der Werkself und am 22. Spieltag in Bochum nun auf acht Punkte angewachsen. Einen so großen Rückstand zu einem so späten Zeitpunkt einer Saison hat noch nie eine Mannschaft aufgeholt – gelingt den Bayern also nicht diese historische Aufholjagd, dann geht die Meisterschale erstmals nach Leverkusen. Im Pokal ausgeschieden, den Supercup 0:3 und in der Meisterschaft den Anschluss verloren, und in der Champions League ist die Ausgangslage nach dem Hinspiel nicht einfach: Eine Saison ohne neue Silberware ist für den deutschen Rekordmeister mehr als nur denkbar.
Das liegt daran, dass es beim FC Bayern derzeit viele Baustellen gibt: In Leverkusen und bei Lazio Rom brachte der FC Bayern in 180 Minuten nur einen einzigen Torschuss auf das gegnerische Tor, in Bochum (26:14 Torschüsse, 3,5:1,6 xGoals) war dann die Fahrlässigkeit bei den Torchancen ein Problem. Und in der Defensive hakt es auch: In den vergangenen fünf Pflichtspielen stand nie die Null, es gab zusammen zehn Gegentreffer (im Schnitt also zwei pro Spiel). Alleine in den letzten beiden Bundesliga-Spielen gab es jeweils drei Gegentore, das passierte dem FC Bayern München zuletzt im Herbst 2020. Drei Bundesliga-Spiele in Folge mit mindestens drei Gegentreffern gab es zuletzt im Oktober 1991 (Heynckes/Lerby). Dass sich die Wege der Bayern und Trainer Tuchel im Sommer trennen werden, ist inzwischen offiziell.
Und doch, das wissen alle Bundesliga-Fans, darf man den FC Bayern nie abschreiben. Die individuelle Qualität im Kader ist enorm, schon in der Hinrunde hatten die Münchener ihr Potenzial gezeigt. Mit Top-Torjäger Harry Kane in vorderster Front und Weltklasse-Torwart Manuel Neuer zwischen den Pfosten ist mit dem Tuchel-Team immer zu rechnen. Und gerade wenn der Rekordmeister richtig gereizt wird, dann läuft das Starensemble von der Säbener Straße zu ganz besonderen Leistungen auf. Davon können viele Titelkontrahenten ein Liedchen singen – auch die Leverkusener, die 2000 einen sicher geglaubten Titel noch an den FC Bayern abgeben mussten.