Bundesliga
Souverän das Double geholt und wettbewerbsübergreifend die letzten 20 Pflichtspiele gewonnen - die "Super-Bayern" sind nur noch einen weiteren Sieg vom zweiten Triple der Clubhistorie entfernt. 2012/13 schafften die Münchner unter Jupp Heynckes den größtmöglichen Erfolg. Ein Vergleich des Teams von damals mit Flicks Double-Bayern.
Nach dem 3:0 gegen Olympique Lyon hat sich der FC Bayern beim Finalturnier der Champions League souverän ins Finale gespielt - auch wenn das Ergebnis des Spiels klarer ist als die Partie sich über weite Strecken auf dem Rasen darstellte. Der Sieg lässt den Münchner nun die Möglichkeit, ihre schon jetzt sehr gute Saison mit dem Double aus der 30. Meisterschaft und dem 20. DFB-Pokalsieg zu einer historischen machen. Der sechste Gewinn des "Henkelpotts" würde das erst das zweite Triple einer deutschen Mannschaft bedeuten. Erstmals gelang dieser Dreifach-Coup der Mannschaft 2012/13 unter Trainer Jupp Heynckes. Der heute 75-Jährige sieht in Hansi Flick den Mann, der in seine Fußstapfen treten kann, ja sogar "eine Ära prägen" könne.
Der Auftakt ins Finalturnier hätte aus Bayern-Sicht nicht besser laufen können. Im Viertelfinale setzte der FCB gleich mehrere Ausrufezeichen und schlug den FC Barcelona mit 8:2! Ein unglaubliches Ergebnis, durch das die Bayern unweigerlich zum Top-Favoriten auf den Titel aufgestiegen sind. Gegen Lyon wackelten die Münchner gerade in der Anfangsphase, aber ein Geniestreich von Serge Gnabry stellte die Weichen auf Sieg. Natürlich traf auch Robert Lewandowski, der mittlerweile nicht nur bei 15 Treffern in dieser CL-Spielzeit steht, sondern auch in jedem Spiel mindestens einmal getroffen hat. Gemeinsam bringen es Gnabry und Lewandowski auf 24 Treffer in dieser Champions-League-Saison und sind damit das gefährlichste Offensivduo der CL-Geschichte. Lewandowski braucht im Finale zudem zwei Treffer, um den Saisonrekord von Cristiano Ronaldo aus der Spielzeit 2013/14.
Hansi Flick, der Trainer einer der schon jetzt erfolgreichsten Bayern-Mannschaften der Vereinsgeschichte, sagte nach der Partie: "Die erste Phase des Spiels haben wir mit Glück überstanden. Serge hat uns dann mit einer Einzelleistung in Führung gebracht. Das hat uns mehr Sicherheit gegeben. Wir werden die Dinge analysieren. Unsere große Stärke ist es, den Gegner unter Druck zu setzen. Das wird uns auch gegen Paris gelingen."
Die seit Flicks Übernahme im November zunehmend prächtige Stimmung im Team erinnert so manchen an "den Geist von 2013", als das Team um Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger mit vier Siegen und 11:0 Toren über Juventus Turin und den FC Barcelona hinweg ins Endspiel stürmte und im deutsch-deutschen Finale von Wembley mit 2:1 gegen den BVB triumphierte.
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Auch die harten, sportlichen Fakten halten dem Vergleich mit dem legendären Heynckes-Team absolut stand: Mit 49 von 51 möglichen Punkten und einer Tordifferenz von +44 überbot Flicks Mannschaft die Rückrunde aus der Triple-Saison um genau ein Tor! Damit spielten sie die beste Rückserie der Bundesliga-Historie, in der sie mit genau 100 Toren als erst zweites Team der Geschichte auch diese Schallmauer durchbrachen. Heynckes' "Triple-Bayern" kamen "nur" auf 98 Tore, stellten mit 91 Zählern aber einen bis heute bestehenden Saison-Punkterekord auf. Den verpasste Flicks Team zwar deutlich (82 Punkte). Berücksichtigt man aber nur die Spiele unter dem ehemaligen Co-Trainer, ergibt sich ein Punkteschnitt von 2,7 pro Spiel - identisch mit dem aus der Triple-Saison 2012/13!
Auch in Sachen Gegentore muss differenziert werden: Auf dem Weg zum Triple vor sieben Jahren stellten die Münchner mit 21 Spielen ohne Gegentor (2019/20: 15) und insgesamt nur 18 Gegentreffern Rekorde auf. Die abgelaufene Saison schloss Bayern mit 32 Gegentoren ab, wovon allerdings nur 16 in Flicks Amtszeit ab dem 11. Spieltag fallen.
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Aus dem Triple-Kader stehen heute noch fünf Spieler bei Bayern unter Vertrag: Manuel Neuer ist heute wie damals die Nummer 1 und einer der besten Torhüter der Welt.
Jerome Boateng machte im Finale von Wembley eines seiner besten Spiele für Bayern, leitete den Siegtreffer mit einem hohen Ball auf Ribery ein. Sechs Jahre später kämpfte er sich von der Ersatzbank zurück zu alter Stärke und in die Startelf, in der er den langzeitverletzten Niklas Süle seither überragend vertritt. Dessen Rolle als Abwehrchef übernahm indes David Alaba, damals Linksverteidiger. Der Österreicher blüht mit 28 Jahren auf seiner neuen Position im Abwehrzentrum auf, ist dort mit 63 Prozent gewonnener Zweikämpfe und seinem starken Mitspieler-Coaching noch wertvoller.
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Javi Martínez, damals Bayerns Königstransfer und Schlüsselspieler als Schweinsteiger-Partner auf der Doppelsechs, steht heute nicht mehr in der ersten Reihe. Der spanische Welt- und Europameister wurde immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen, kam in der Rückrunde nur auf 110 Spielminuten. Thomas Müller fühlt sich auch sieben Jahre nach dem großen Triumph am wohlsten, wenn er zentral hinter einem Mittelstürmer spielen kann. Das funktionierte damals mit Wembley-Torschütze Mario Mandzukic gut, und heute mit Lewandowski so gut wie nie. Mit 21 Torvorlagen stellte Müller gerade einen neuen Assist-Rekord in der Bundesliga auf.
Müllers bester "Kunde" stand damals noch auf der anderen Seite: Lewandowski wechselte ein Jahr nach dem CL-Finale von Dortmund nach München, wo er mit 34 Toren gerade die beste Saison seiner Karriere hinlegte. Mandzukic kam 2012/13 als bester Bayern-Schütze auf gerade mal 15 Saisontore. Lewandowski steht in der Saison 2019/20 mittlerweile bei unglaublichen 55 Pflichtspieltreffern - und ist vielleicht Bayerns größter Trumpf auf der Triple-Mission.
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Gegen Lyon ließ sich der Pole auch von einigen vergebenen Chancen nicht irritieren und traf kurz vor Schluss zum Endstand. An diesem Abend war aber Serge Gnabry der entscheidende Mann in der Offensive und Manuel Neuer sorgte mit einigen starken Paraden dafür, dass die Franzosen nicht mehr ins Spiel zurückkamen. Im Endspiel gegen PSG könnten dann wieder andere Bayern-Spieler auftrumpfen, denn dieses Team ordnet dem Erfolg persönliche Befindlichkeiten unter.
Sinnbildlich dafür steht Joshua Kimmich, der nach dem Comeback von Benjamin Pavard gegen Lyon gefragt wurde, ob er im Finale nicht lieber im Mittelfeld spielen würde. "Das ist mir ganz egal, Hauptsache wir gewinnen. Solange wir am Ende dieses Ding in die Luft strecken, ist mir alles egal – auch wenn ich im Sturm auflaufe", antwortete der 25-Jährige. Und genau darauf arbeitet der ganze Club in großer Geschlossenheit hin: Dieses Ding in die Luft zu strecken.