Koan Kane - koan Problem?

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Als Harry Kane nach einer halben Stunde im "Klassiker" sitzen blieb, wechselte Vincent Kompany seinen Torjäger ohne Umschweife aus. Bloß kein Risiko vor dem Kracher im DFB-Pokalachtelfinale am Dienstag gegen Doublesieger Leverkusen! Doch die Hoffnungen von Trainer, Spieler und Fans erfüllten sich nicht: Der Top-Torschütze (14 Tore) und Top-Scorer (23 Torbeteiligungen) der Bundesliga zog sich gegen den BVB einen kleinen Muskelfaserriss zu und fällt für Dienstag aus. Auch das Topspiel des 13. Spieltags gegen Heidenheim dürfte zu früh kommen und Kompany nicht von seiner "safety first"-Linie abbringen. Der Bayern-Coach muss also tüfteln: Wer ersetzt Kane im wichtigsten Spiel der ersten Saisonhälfte?

Nach dem Abgang von Eric Maxim Choupo-Moting im Sommer haben die Münchner keinen klassischen Kane-Backup mehr im Kader, wohl aber mehrere Spieler, die die Position im Sturmzentrum in der Vergangenheit schon ausgefüllt haben. In Dortmund war Kompanys erster Reflex, Thomas Müller für Kane einzuwechseln.

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Der "Raumdeuter" verbrachte fast seine gesamte Profikarriere hinter einer klassischen Nummer neun, der er stets brillant zuarbeiten und Räume öffnen konnte. Als Zielspieler profitiert der 35-Jährige vor allem von seiner Kopfballstärke und Cleverness. Seine Torjägerzeiten liegen allerdings weit zurück: In den letzten acht Bundesliga-Spielzeiten traf er nur 2020/21 zweistellig (elf Tore). Und auch in den letzten 20 Spielen für die Nationalmannschaft, wo er bis zu seinem Rücktritt im Sommer oft in der Sturmspitze aushelfen musste, gelangen ihm lediglich drei Treffer.

Bei der aktuell spärlichen Einsatzzeit (erst 404 Minuten in der Bundesliga) fehlt Müller zudem der Rhythmus, wie in Dortmund bei seiner vergebenen Großchance in der 49. Minute deutlich wurde.

Mathys Tels großes Talent ist unbestritten und mit im Schnitt einer Bundesliga-Torbeteiligung alle 94 Minuten eindrucksvoll belegt. Bayern baut in Zukunft auf den 19-Jährigen, verlängerte dessen Vertrag im vergangenen März bis 2029. In dieser Saison ist der französische U21-Nationalspieler aber noch ohne Tor, was auch an wettbewerbsübergreifend erst 286 Einsatzminuten liegt. In Dortmund belohnte Kompany Tel für seinen "sehr guten Eindruck" mit einem Platz in der Startelf. Tel blieb mit nur einem Schuss aufs Tor unauffällig - was auch an seiner Positionierung gelegen haben dürfte.

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Kompany setzte den Youngster bislang als Außenstürmer ein. Eine Position, die Tel mit Geschwindigkeit und Technik zwar ausfüllen kann, die aber nicht seine Lieblingsaufgabe ist. Tel begründete seinen Ruf als Ausnahmetalent in Frankreich als Mittelstürmer. Nach Kanes Ausfall dürfte er auf seine ersehnte Bewährungschance im Zentrum hoffen. Die "gesunde Arroganz", die ihm Ex-Trainer Julian Nagelsmann bescheinigte sowie seine Abschlussstärke machen Tel zu einem heißen Kandidaten gegen Leverkusen. Im Heimspiel der Vorsaison (2:2) überzeugte er mit einem Joker-Assist gegen die Werkself.

Kompanys dritte Option für die vakante Kane-Position steht vor dem Leverkusen-Spiel selbst auf der Kippe: Serge Gnabry musste für den "Klassiker" wegen Knieproblemen absagen. Wie Tel und Müller ist auch Gnabry normalerweise auf den Außenbahnen und im offensiven Mittelfeld unterwegs. Wie Müller ist er aber, im Verein wie in der Nationalmannschaft schon öfter als "Neuner" eingesprungen und wusste dabei durchaus zu überzeugen. Im Saison-Endspurt 2022/23 trug er an den letzten fünf Spieltagen mit einer Serie von fünf Treffern und der Vorlage zu Jamal Musialas goldenem Tor in Köln entscheidend zum Gewinn der Meisterschaft bei.

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Gnabry startete mit vier Torbeteiligungen in den ersten vier Spielen stark in die Bundesligasaison, scorte seitdem aber nicht mehr und kam zuletzt nur noch von der Bank. Sollte der Triple-Gewinner von 2020 für Leverkusen fit werden, könnten aber seine nachgewiesenen Entscheider-Qualitäten den Ausschlag für ihn geben.

Eine überraschende Alternative zum Eins-zu-eins-Ersatz für Kane wäre eine Rückbesinnung auf das in München letztmals unter Nagelsmann praktizierte System ohne echten Mittelstürmer. Darin könnten sich die vier Offensiven im 4-2-3-1 abwechselnd und für den Gegner schwer zu berechnen in der Spitze positionieren. Fraglich aber, ob die veränderten Abläufe bis Dienstagabend einstudiert werden könnten.

Unabhängig von der Besetzung der Sturmmitte steigert Jamal Musiala die bayrische Hoffnung auf ein Ausrufezeichen gegen den Titelverteidiger. Der diese Saison zum Kopfball-Knipser mutierte Dribbelkönig traf auch in Dortmund wieder entscheidend mit Köpfchen und federt den Ausfall von Torschützenkönig Kane mit seinem stark verbesserten Abschluss deutlich ab. Die torreichen letzten Wochen des Supertalents (sechs Tore in der Bundesliga, drei in der letzten Pokalrunde in Mainz) könnten gegen Leverkusen zur Blaupause werden: Findet Musiala im Strafraum keinen Abnehmer, schießt er den Ball eben selbst ins Tor.