2. Bundesliga
Ein Fußballspiel dauert 90 Minuten, die Relegation aber mindestens 180! Trotz des zweiten emotionalen Tiefschlages binnen vier Tagen geben sich Mannschaft und Trainer des Hamburger SV vor dem Relegations-Rückspiel gegen den VfB Stuttgart am Montag um 20:45 Uhr optimistisch. Mit einem Fußball-Wunder könnten sich die Hanseaten doch noch mit dem Aufstieg für eine tolle Saison belohnen.
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"Am Montag spielen wir zuhause, die Fans werden uns nach vorn peitschen - und dann schauen wir mal", gibt der Kapitän des Hamburger SV Sebastian Schonlau die Richtung vor für das Relegations-Rückspiel gegen den VfB Stuttgart. Bei der 0:3-Hinspielniederlage erwischten die Rothosen einen "absolut gebrauchten Tag", wie Trainer Tim Walter ernüchternd feststellen musste.
Besonders bitter für den HSV: Eigentlich dachte man, man hätte die Rückkehr in die Bundesliga bereits am 34. Spieltag beim SV Sandhausen perfekt gemacht, aber zwei Tore in der Nachspielzeit beförderten in letzter Sekunde doch noch den 1. FC Heidenheim statt den Hanseaten auf direktem Weg in die Bundesliga. Auf den Schock vom Sonntag folgte dann in Stuttgart die nächste große Enttäuschung und die Aufgabe vor dem Rückspiel könnte kaum größer sein.
Unmittelbar nach dem Spiel ging HSV-Coach Tim Walter aber schon wieder verbal voran: "Wir geben auf jeden Fall nicht auf", ließ er die Journalisten wissen. Die Hamburger sahen sich im Hinspiel einer tollen Kulisse in Bad Cannstatt ausgesetzt, wissen auch auch, dass am Montag das Stadion gleichermaßen lautstark hinter ihnen stehen wird. "Der Volkspark gibt uns jetzt noch Glaube", beschwört Walter die spezielle Atmosphäre bei Heimspielen und legt nach: "Wir schenken nichts ab, werden alles mobilisieren. Das ist der Charakter dieser Mannschaft".
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Ähnlich sieht es auch Torhüter Daniel Heuer Fernandes, der mit tollen Paraden dafür sorgte, dass die Hypothek fürs Rückspiel nicht noch größer ist: "Jeder weiß, dass wir mit Rückschlägen umgehen können, dass wir uns nie aufgeben und immer weitermachen", stellt der Torhüter klar. Nach der enttäuschenden Leistung seiner Vorderleute ist der Nummer eins klar, "unser Ziel kann nur Vollgasfußball sein". Den hat der HSV in dieser Saison auch schon reichlich gezeigt, denn mit 70 Toren stellten die Hanseaten die beste Offensive im Unterhaus.
Die braucht es am Montag auch, denn mindestens drei Tore benötigt der HSV, um die Verlängerung zu erzwingen. Die Hoffnung dürfte dabei besonders auf Torjäger Robert Glatzel, der mit 19 Treffern mit Abstand Hamburgs erfolgreichster Torschütze der Saison ist, liegen. Und auch ein Blick auf das letzte Aufeinandertreffen der beiden Traditionsvereine in der Hansestadt dürfte dem Zweitligisten Mut machen: Im letzten Liga-Heimspiel schlug der HSV Stuttgart am 26. Oktober 2019, mit 6:2! Dieses Ergebnis dürfte im Sinne der HSV-Fans im selbstverständlich restlos ausverkauften Volksparkstadion auch gerne am Donnerstag nach 90 oder 120 Minuten auf der Anzeigetafel flimmern.
Ein Sieg mit vier Toren Unterschied würde den ersten Bundesliga-Aufstieg der Clubgeschichte bedeuten, denn nach dem erstmaligen Absturz aus der Bundesliga verpassten die Hanseaten in den letzten vier Jahren bereits jeweils die Rückkehr ins Oberhaus des deutschen Fußballs. Nachdem von 2019 bis 2021 dreimal der undankbare vierte Platz erreicht wurde, platzte letztes Jahr der Aufstiegstraum in der Relegation gegen Hertha BSC. Nun ist der HSV aber eigentlich dran, in die Bundesliga zurückzukehren. In Zeiten der Drei-Punkte-Regel hatte kein Tabellendritter in der 2. Bundesliga mehr Punkte als der HSV (66, wie Braunschweig 2016/17). Zuletzt gewann Hamburg vor der Relegation drei Spiele in Folge und war insgesamt das beste Auswärtsteam der 2. Bundesliga - alles Zahlen eines Aufsteigers.
Hoffnung dürfte dem Team von Tim Walter auch machen, dass der Club sehr viel Erfahrung in der Relegation hat: Zum vierten Mal spielen sie die Entscheidungsspiele um die Bundesliga-Zugehörigkeit, so oft wie kein anderer Verein. Die beiden Duelle als Bundesligist entschied der HSV knapp für sich (1:1 und 2:1 nach Verlängerung gegen den Karlsruher SC bzw. 0:0 und 1:1 gegen die SpVgg Greuther Fürth), das bisher einzige Duell als Zweitligist ging vor einem Jahr gegen Hertha BSC verloren. Und: er VfB musste 2018/19 bei seinem bislang letzten Auftritt in der Relegation den Weg in die zweite Liga antreten, als sich der 1. FC Union Berlin gegen die Schwaben durchsetzen konnte.
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Dass der HSV sein Ziel Bundesliga-Aufstieg auch nach der Hinspiel-Niederlage noch erreichen kann glauben sie bei den Rothosen alle noch. Sportvorstand Jonas Boldt beschwört die Unberechenbarkeit des Fußballsports: "In der Relegation werden zwei Spiele gespielt - und wir werden alles tun und geben, um doch noch das Wunder zu schaffen." Mit Fußballgott, Fans und Fortune gelingt den Hamburgern am Montag vielleicht doch noch die verdiente Rückkehr auf die große Bundesliga-Bühne.