Jonas Urbig plötzlich mittendrin

Ein kleines Schmunzeln huschte Manuel Neuer vor einigen Wochen über das Gesicht, als er bei einer Pressekonferenz zu Jonas Urbig befragt wurde. Der Stammtorhüter des FC Bayern München lobte den Youngster, sprach über die Qualitäten des 21-Jährigen und deutete an, dass es möglicherweise schon bald eine Art Arbeitsteilung geben könne.

Immerhin würde Neuer nach seiner Roten Karte die kommenden Begegnungen im DFB-Pokal ja fehlen. Schon damals machte der Begriff "Job-Sharing" die Runde an der Säbener Straße. Nur schien dieses dann doch noch ein Stück weit entfernt. Auch, weil die von Neuer angesprochene Pokal-Sperre erst für die kommende Saison gilt.

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Am Mittwochabend dürfte wiederum Jonas Urbig ein kleines Lächeln über die Lippen gehuscht sein. Der eher introvertiert wirkende Euskirchener kam überraschend zu seinem Champions-League-Debüt.

Eine Premiere, von der der Keeper vor einem Jahr vermutlich nur träumen konnte. Damals lag der Arbeitsplatz rund 150 Kilometer nördlich von München. Das junge Talent hütete das Tor der SpVgg Greuther Fürth, war Stammkeeper und hatte sich bereits zum zweiten Mal bei einer Leihe im direkten Keeper-Duell durchgesetzt. Beim Kleeblatt avancierte der Torhüter zum Leistungsträger und zu einem der wertvollsten Keeper der 2. Bundesliga.

Kein Wunder also, dass Urbig schon bald der Nimbus des größten Talents des Landes auf der Torhüter-Position von Experten angeheftet wurde.

Genauso wenig überraschend holte der 1. FC Köln seine Leihgabe ans Geißbockheim zurück. Dorthin, wo der Keeper seit seinem neunten Lebensjahr die ersten Schritte auf dem Weg zu einer großen Karriere gegangen war. Für den bodenständigen Familienmensch schien der Weg beim FC folgerichtig. Schließlich wurde der Youngster bei den Geißböcken schon früh als der "Kronprinz" von der FC-Legende und heutigen Nummer eins im Tor des VfL Bochum 1848, Timo Horn, gehandelt.

Und Urbig bekam seine Chance. Der Torhüter wurde schon vor der Saison zur Nummer eins bei den Geißböcken ernannt. "Wir haben einen hochtalentierten Nachwuchstorwart in unseren Reihen, wahrscheinlich einer der talentiertesten Torhüter überhaupt im deutschen Fußball", sagte FC-Sportdirektor Christian Keller damals.

Nach einer kleinen Ergebnis-Krise erhielt allerdings die frühere Nummer eins, Marvin Schwäbe, wieder den Vorzug vor Urbig, spielte sich mit einer beeindruckenden Serie beim FC fest. Das große Torwart-Talent saß vorerst nur noch auf der Bank. Und von dort ging es im Winter zum FC Bayern. Ein Wechsel, der auch von Skepsis begleitet wurde. Zu jung, der Sprung zu groß und bei den Bayern zu viele Keeper, so die Meinung einiger "Experten". "Dass Jonas schon im Winter kam, lag daran, dass wir mit Sven Ulreich im Dezember nicht planen konnten. Dann hatte Daniel Peretz eine Nierenverletzung", erklärte Max Eberl in der "Sport Bild". "Auf einmal wären wir in die extrem wichtigen Monate Januar und Februar mit Manu Neuer und Jugendtorwart Max Schmitt gegangen. Da haben wir gesagt: Wir holen ihn schon ein halbes Jahr früher, damit er hier lernen kann."

Wie wichtig der Wechsel nun ist, zeigte sich dann am Mittwochabend – wenn auch unter kuriosen Umständen. Ausgerechnet im bisher wichtigsten Spiel des Saison verletzte sich Neuer (beim Torjubel) an der Wade. Urbig wurde ins kalte Wasser geworfen – in der Champions League und dann auch noch gegen Kölns Lokalrivalen Bayer 04 Leverkusen.

"Für mich persönlich habe ich mich natürlich sehr gefreut, dass ich mein Debüt in der Champions League geben konnte. Ich freue mich, dass auch von den Fans so eine positive Stimmung mir gegenüber kam", sagte Urbig.

"Für ein Debüt gibt es einfachere Spiele", sagte Bayern-Trainer Vincent Kompany und beschrieb den Auftritt des Keepers als gewohnt "ruhig und souverän". Urbig bekam beim verdienten 3:0-Erfolg nicht wirklich viel zu tun.

Das könnte sich am Samstag schon ändern. Dann empfängt der Rekordmeister den VfL Bochum in der Allianz Arena. Da Manuel Neuer mit einer Muskelverletzung einige Wochen fehlen wird, bekommt Urbig auch gegen die Westfalen im Kasten stehen. Vermutlich wieder mit einem kleinen Lächeln im Gesicht. Denn dann geht es auch gegen seinen Vorgänger beim FC. Nur spielt Timo Horn mittlerweile beim VfL, während der "Kronprinz" im Tor des Rekordmeisters angekommen ist.