Bundesliga
Köln - Neun Spiele, 17 Punkte - die Ausbeute des SV Werder Bremen in der Rückrunde kann sich sehen lassen. Die Hoffnung, das ambitionierte Saisonziel Europapokal noch zu erreichen, sind durch das 3:1 bei Bayer Leverkusen noch einmal gestiegen. Allerdings hatte das Team von Florian Kohfeldt zum selben Zeitpunkt der Hinrunde auch 17 Zähler auf der Habenseite. Im Schlussspurt ging den Hanseaten dann die Puste aus und es kamen bis zur Winterpause nur noch fünf Zähler dazu. Es gibt aber einige Gründe, die dafür sprechen, dass sich der Einbruch aus der ersten Saisonhälfte nicht wiederholt.
In der Hinrunde markierte die Partie gegen Bayer 04 Leverkusen für den SV Werder Bremen das Ende einer erfolgreichen Phase, in der Rückrunde soll es bei den Bremern jetzt hingegen erst richtig losgehen. Die Partie bei der Werkself veranschaulichte sehr eindrucksvoll, wie sich das Team von Florian Kohfeldt in den vergangenen fünf Monaten entwickelt hat.
Vor dem Hinspiel stand Werder Bremen auf Rang drei der Tabelle - einen Zähler vor dem FC Bayern München. Gegen Bayer stürmte der SVW dann fast übermütig ins Verderben und wurde beim 2:6 gnadenlos ausgekontert. Im Rückspiel konnte Werder den Spieß umdrehen und lieferte vor allem in der ersten Hälfte eine taktische Meisterleistung ab. Max Kruse marschierte mit zwei Treffern und einer Vorlage voran, aber die Top-Form des Kapitäns ist nur einer der Gründe, warum Bremen den kommenden Aufgaben gewachsen ist.
>>> Max Kruse macht beim SV Werder Bremen den Unterschied
Ohne Zweifel ist Kruse der wichtigste Spieler im Bremer Offensivspiel, aber der vielleicht noch größere Unterschied zur Hinrunde ist die Form seiner Nebenleute. Milot Rashica pendelte vor der Winterpause noch zwischen Spielfeld, Bank oder sogar Tribüne, ist nun aber aus der Startformation nicht mehr wegzudenken. Dabei ist vor allem die Steigerung der Effektivität des Kosovaren bemerkenswert. Mit sechs Treffern ist er der drittbeste Bundesliga-Schütze in der Rückrunde.
Neben den derzeit herausragenden Kruse und Rashica wählt Coach Kohfeldt je nach Form und Gegner seinen dritten Spieler im flexiblen Bremer Dreiersturm. Johannes Eggestein, Josh Sargent, Martin Harnik und Claudio Pizarro standen allesamt in 2019 schon in der Startformation. Gerade Johannes Eggestein hat noch einmal einen großen Sprung gemacht und zeigte in Leverkusen seine beste Leistung in der Bundesliga. Mit Yuya Osako, der 2019 noch keine Partie für den SVW bestreiten konnte, bekommt Kohfeldt nach der Länderspielpause zudem noch eine wichtige Option hinzu.
>>> Wie sonst nur PSG: Der SV Werder Bremen trifft immer
Im Verbund mit den beiden Mittelfeldantreibern Maximilian Eggestein und Davy Klaassen ist das Bremer Offensivspiel enorm schwer auszurechnen. Ein Beleg dafür ist, dass Bremen in dieser Saison in jedem Spiel mindestens ein Tor erzielt hat. In den fünf europäischen Top-Ligen ist das sonst nur Paris St. Germain gelungen.
Aber nicht nur nach vorne wirkt das Team stärker als vor einem halben Jahr. Werder stellt in der Rückrunde die drittbeste Defensive der Liga und hat in 2019 genauso viele Gegentore kassiert wie der FC Bayern München. Während beim 2:6 gegen Leverkusen Innenverteidiger Marco Friedl zur Pause überfordert ausgewechselt wurde, zeigte der 21-jährige Österreicher im Rückspiel eine starke Leistung. Friedl steht damit - wie Rashica, Eggestein und Co. in der Offensive - für die gute Entwicklung der jungen Bremer Spieler.
>>> Eggestein und Co. - die Neuen beim Nationalteam
Dass Maximilian Eggestein nun auch erstmals zur A-Nationalmannschaft berufen wurde, ist eine Bestätigung für diesen Weg. Ob dieser Weg am Saisonende wirklich nach Europa führt, steht noch in den Sternen. Zumal die Konkurrenz im oberen Drittel so stark ist wie lange nicht. Letztmals hatte 2008/09 ein Tabellenachter nach 26 Spieltagen eine bessere Bilanz als Werder aktuell. Nur eines scheint sicher: Einen Einbruch wie zum Ende der Hinrunde wird es nicht geben - auch, wenn mit Gladbach, Bayern, Dortmund und Leipzig noch dicke Brocken auf die Grünweißen warten.
Florian Reinecke