Bundesliga
Köln - Seit Sommer ist Niko Kovac an der Seitenlinie für Wohl und Wehe des FC Bayern München verantwortlich. Nicht einmal ein Jahr im Amt hat der ehemalige Profi des Rekordmeisters schon einige Höhen und Tiefen in der Bundesliga kennengelernt.
Nach einer kleineren Durststrecke im Herbst 2018 hat der FC Bayern München den Rückstand auf Tabellenführer Borussia Dortmund sukzessive verkürzt und liegt aktuell wieder auf Kurs. An der Säbener Straße darf also durchaus von der siebten Meisterschaft in Folge geträumt werden, wenngleich die emotionale Achterbahnfahrt in den ersten Monaten der Amtszeit von Niko Kovac Spuren hinterlassen haben. Doch der einstige Frankfurt-Coach hat in der Zwischenzeit an kleineren Stellschrauben gedreht und die Bayern zurück in die Erfolgsspur geführt. Im bundesliga.de-Interview spricht er über seine ersten Monate als Bayern-Trainer.
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bundesliga.de: Niko Kovac, welches Zwischenfazit ziehen Sie nach ihren ersten sieben Monaten als Bayern-Coach?
Niko Kovac: Man kommt aus Frankfurt nach München, das ist noch mal ein sehr großer Sprung. Ich denke, die ersten sieben Monate waren eine lebhafte Zeit, wir haben vieles erlebt, Höhen und Tiefen. Jetzt haben wir wieder ein Hoch und ich wünsche mir, dass wir dieses noch so lange wie möglich halten.
bundesliga.de: Sind Sie an der Aufgabe gewachsen?
Kovac: Jeder Trainer entwickelt sich, jeder Mensch entwickelt sich über die Jahre. So ist es bei mir auch. Ich habe viel erlebt hier, viel mitgenommen, viel reflektiert und versucht, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, um mich selbst und die Mannschaft zu verbessern.
bundesliga.de: Wie hat sich der FC Bayern als Club verändert in der Zeit zwischen dem Spieler Kovac und dem Trainer Kovac?
Kovac: Es ist alles sehr viel größer geworden. Man muss ehrlich sagen, in der Zeit als wir hier anfingen, war Bayern München auch eine Größe, aber jetzt ist es ein Vielfaches. Alleine die Entwicklung im Social-Media-Bereich, was die Fans und die Mitglieder angeht, ist es viel mehr, als es das zu meiner Zeit als Spieler war. Es ist nicht einfach, damit umzugehen. Man ist tagtäglich auf dem Silbertablett. Egal was passiert, ob wichtig oder unwichtig, es wird darüber berichtet. Was in der heutigen Zeit wichtig ist, hat zu unserer Zeit niemanden interessiert. Im Moment wird aus jeder Kleinigkeit eine Geschichte gemacht.
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bundesliga.de: Was sagen Sie zum Titelrennen, in dem der FC Bayern die ungewohnte Rolle des Jägers innehat?
Kovac: Es ist eine besondere Situation, das hatte der FC Bayern in den letzten sechs Jahren nicht. Aber es ist so. Die anderen Clubs schlafen nicht, die entwickeln sich auch weiter. Das ist in anderen Ligen ebenso, dass nicht immer die Top-Mannschaften vorne sind, sondern sich auch andere reinmogeln. Wir sind mit der Situation nicht ganz zufrieden, wir wären gerne Erster. Aber wir machen das Beste daraus. Wir versuchen unsere Leistung zu bringen, unsere Spiele zu gewinnen, um den Vorsprung, den der BVB hat, abzuknabbern. Wir sind alle davon überzeugt, dass die Meisterschaft eng bleiben wird. Wir hoffen, dass wir es am Ende trotzdem schaffen werden.
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bundesliga.de: Wie sehen Sie die Entwicklung der neuesten Spielergeneration, zu der Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Serge Gnabry gehören?
Kovac: Das sind alles Top-Talente aus Deutschland, die schon in den U-Mannschaften bewiesen haben, welche Fähigkeiten sie haben. Sie sind nicht umsonst schon A-Nationalspieler. Das ist es, was der FC Bayern München möchte: Deutsche, talentierte Nationalspieler zum FC Bayern holen. Das haben wir mit den dreien geschafft. Niklas Süle ist auch noch einer, der jetzt nicht erwähnt wurde. Ich glaube, dass diese Jungs diesen Club, aber auch die Nationalmannschaft in der Zukunft prägen werden.
bundesliga.de: Was können wir von Alphonso Davies erwarten?
Kovac: Alphonso Davies ist ein ganz großes Talent aus Nordamerika, der erstmals den Sprung über den Teich wagt. Er muss sich erst einmal integrieren in die deutsche Gesellschaft, muss die Sprache lernen, muss sich mit dem Spielstil, bzw. der Intensität anfreunden. Ich bin überzeugt, dass er das sehr schnell schaffen wird. Er ist ein Spieler, der früher oder später ein ganz wichtiger Bestandteil dieses Clubs werden wird. Mit seiner Technik und seiner Geschwindigkeit, ist er einer, der den modernen Fußball verkörpert.
bundesliga.de: Im Moment sehen wir eine interessante Übergangszeit beim FC Bayern. Sehen Sie sich als Trendsetter, oder als Visionär hinter dieser neuen Richtung?
Kovac: Es ist immer ein Prozess. Fußball können die Spieler nur bis zu einem gewissen Alter spielen. Man muss ein bisschen versuchen, frisches Blut reinzubringen. Entscheidend ist aber die Qualität. Es bringt nichts, junge Spieler zu holen, die die Qualität nicht besitzen. Ich glaube, dass wir in Frankfurt gemeinsam bewiesen haben, dass wir Umbrüche leisten können, nicht nur einmal, sondern wir haben es in zwei aufeinanderfolgenden Saisons gemacht. Daher sind wir überzeugt, dass wir es hier im Club schaffen können, den FC Bayern München wieder so aufzustellen, dass er nicht nur in den nächsten ein, zwei Jahren, sondern in den nächsten zehn Jahren gut aufgestellt ist, mit guten Spielern, die über Jahre Titel holen.
bundesliga.de: Welche Rolle hat Robert Lewandowski in der Hierarchie des Clubs?
Kovac: Lewy ist ein Führungsspieler, er ist Kapitän der polnischen Nationalmannschaft. Er geht mit seiner Einstellung und Qualität voran. Lewy macht seine Tore, aber ich finde, dass er in dieser Saison auch viel für die Mannschaft tut. Ich meine gelesen zu haben, dass er so viele Assists hat wie noch in keiner Saison zuvor. Das bedeutet, dass er sich in den Dienst der Mannschaft stellt, nicht nur offensiv, sondern auch im Defensivverbund arbeitet er mit. Er ist natürlich ein ganz wichtiger Spieler für die Mannschaft, aber auch für den Trainer.
bundesliga.de: Welchen Platz wird Lewandowski einmal in der Bundesliga-Historie einnehmen?
Kovac: Er ist ein Spieler, der in der Bundesliga so viele Tore in Dortmund geschossen hat und jetzt in München. Er wird vielleicht nicht ganz an Gerd Müller rankommen, aber er wird es versuchen. Er ist für mich einer der Top drei in der Welt. Wir als FC Bayern können froh sein, dass wir den Robert hier bei uns haben.