Bundesliga
Köln - Diese Geschichte würde man nicht einmal einem schnulzigen Hollywood-Streifen glauben. Ja, selbst die Gebrüder Grimm kämen in Erklärungsnot ob der doch mehr als unrealistischen Story. Und doch ist es wahr: das einmalige Märchen des SC Paderborn mit dem fabelhaften Höhepunkt des Aufstiegs in die Bundesliga.
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Gerade einmal zwei Jahre ist es her, da war der SC Paderborn am Ende. Sportlich, weil das Team als Tabellen-18. aus der der 3. Liga abgestiegen war. Wirtschaftlich, weil der Abstieg wohl den finanziellen Kollaps bedeutet hätte. Doch die Rettung kam unverhofft aus dem Süden, in Form des TSV 1860 München. Der Traditionsclub aus Giesing musste nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga Insolvenz anmelden, verlor daher seine Lizenz für die 3. Liga – und Paderborn war plötzlich gerettet. Sportlich und auch finanziell.
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Dabei sah es nach Rettung zunächst wahrlich nicht aus. Lediglich nach einem leichten Bremsen des freien Falls. Denn in dem befanden sich die Ostwestfalen bereits im dritten Jahr in Folge. 2014 war der Club sensationell als Vizemeister der 2. Bundesliga in die Bundesliga aufgestiegen, erstmals in der Vereinshistorie. Überraschend hielten die Paderborner dort lange Zeit ordentlich mit, standen drei Spieltage vor Schluss noch auf einem Nichtabstiegsplatz. Am Ende aber waren sie Letzter und mussten zurück in die 2. Bundesliga. Dort wurde als Ziel die schnelle Rückkehr nach oben ausgerufen – doch zum Abschluss einer wahren "Seuchensaison" fand sich der SCP wieder auf Platz 18 wieder. Und stieg gleich weiter in die 3. Liga ab. Besser wurde es aber auch dort nicht. Platz 18, Abstieg, eigentlich.
Der Club war durchgereicht worden. Von der ersten Liga bis in die vierte, die Regionalliga. Doch mit der Insolvenz der Münchner Löwen begann im beschaulichen Paderborn trotz bescheidener finanzieller Mittel das vielleicht größte Comeback der Bundesliga-Geschichte. Vizemeister in der 3. Liga, Vizemeister in der 2. Bundesliga – und plötzlich ist der SCP wieder zurück in der Bundesliga. Damit wird der Club bei Saisonstart Mitte August in sieben Jahren zum sechsten Mal in einer anderen Spielklasse spielen als in der Vorsaison (und hätte eigentlich auch in dem einen Jahr, in dem sie in der 3. Liga blieben, die Liga wechseln müssen). Das hat noch kein anderer Club im deutschen Profifußball erlebt.
Geht es nach den Verantwortlichen der Blau-Schwarzen, dann soll die unglaubliche Achterbahnfahrt nun aber endlich einmal gestoppt werden. "Wir kriegen jetzt ganz andere Möglichkeiten als in der 2. Bundesliga, das werden wir auch vernünftig handhaben. Sportlich weiß man es nie genau, aber alles andere werden wir sauber im Griff haben", sagt Präsident Elmar Volkmann. Bei Erfolgs-Coach Steffen Baumgart klang das noch deutlich euphorischer. "Das ist einfach geil. Die Jungs haben zwei Jahre gut gearbeitet und das einfach verdient."
Verdient haben es sich die Ostwestfalen vor allem durch ihren erfrischenden Offensivfußball. Ex-Stürmer Baumgart lässt den SCP auf Teufel komm raus stürmen. Was dann in der abgelaufenen Saison auch zu aberwitzigen Resultaten wie einem 5:3 bei Zweitliga-Meister 1. FC Köln oder zweimal 4:4 gegen den 1. FC Magdeburg und Holstein Kiel führte. In der 3. Liga traf seine Mannschaft 2017/18 stolze 90 Mal ins gegnerische Tor, in der 2. Bundesliga waren es immerhin 76 Tore. Allein 14 Mal kam Paderborn auf drei oder mehr Treffer in einem Spiel. Einzig die Kölner mit ihrem Ausnahme-Sturmduo Terodde/Cordoba waren mit 84 Treffern noch erfolgreicher.
Ob sich der bedingungslose Sturmlauf in der Bundesliga fortführen lässt, darf bezweifelt werden. Die kommenden Gegner haben dann doch eine weitaus höhere Qualität als die in den vergangenen beiden Spielzeiten. Abbringen lassen wird sich Baumgart von seinem Konzept aber sicherlich nicht. Offensive liegt in der DNA der Mannschaft, aus der gleich vier Spieler 2018/19 zweistellig getroffen haben. Das Ziel lautet Klassenerhalt. Irgendwie. Es würde bedeuten, dass Paderborn endlich einmal ganz offiziell zwei Jahre in Folge in der gleichen Spielklasse antritt. Das wäre die ultimative Krönung des einmaligen SCP-Märchens.
Von Tobias Schild