Bundesliga
Simon Rolfes ist Direktor Sport bei Bayer 04 Leverkusen, hat zwischen 2005 und 2015 insgesamt 288 Bundesliga-Spiele bestritten und trug 26 Mal das Trikot der deutschen Nationalmannschaft. An dieser Stelle schreibt er wöchentlich über die neuen, innovativen Match Facts, die von AWS für die Bundesliga während der Spiele bereitgestellt werden. In dieser Woche analysiert er seinen eigenen Club: Bayer 04 Leverkusen.
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Von Simon Rolfes
Am vergangenen 33. Spieltag haben wir mit Bayer 04 Leverkusen mit dem 1:1 gegen Union Berlin unser Mindestziel erreicht und uns für die Teilnahme an der Europa League qualifiziert. Es war eine Saison mit Höhen und Tiefen, bei der wir leider auch nicht um einen Trainerwechsel herumkamen.
Speed Alarm: Leverkusen mit den meisten Spielern in der Top-10
Grundsätzlich stehen wir mit unserer DNA bei Bayer für einen offensiven Fußball mit schnellen Außenbahnspielern. Das bestätigt auch ein Blick in die Bundesliga Match Facts: Keine andere Mannschaft ist beim Speed Alarm mit mehr Akteuren in der Top-10 der schnellsten Sprinter vertreten als wir. Allen voran natürlich unsere beiden Außenstürmer Leon Bailey (35,62 Km/h) und Moussa Diaby (35,57 Km/h). Aber auch Jeremie Frimpong (35,53 Km/h), den wir im Januar von Celtic Glasgow dazu geholt haben, hat seine enorme Schnelligkeit schon auf den Platz gebracht. Es freut mich, dass es ligaweit nur sechs Spieler gibt, die noch minimal mehr Tempo gemacht haben als unser Trio.
Ein entsprechendes Bild zeichnet sich deshalb bei den Angriffszonen: In 68 Prozent unserer Vorstöße sind wir über die Flügel in das letzte Angriffsdrittel eingedrungen. Das Verhältnis zwischen rechter und linker Seite war dabei mit 33:35 Prozent relativ ausgeglichen, was für einen ausgeglichenen Kader spricht und uns insgesamt weniger ausrechenbar macht.
Die Angriffsbemühungen über die schnellen Spieler müssen aber auch einen vernünftigen Abschluss finden. Hier haben wir vor allem in Sachen Effizienz überzeugt: Die Chancen, die sich unseren Stürmern geboten haben, wurden in der Summe sehr gut verwertet. Bei 44,6 Treffern, die von uns nach dem xGoals-Modell zu erwarten waren, haben wir – ohne Eigentore – 51 Mal getroffen. Auf eine höhere Differenz im positiven Sinne kommen hier nur noch der FC Bayern München (24,1 Tore über xGoals) und der VfL Wolfsburg (8,7 über xGoals).
Exemplarisch dafür stehen unsere beiden Top-Torjäger Lucas Alario (elf Saisontore) und Leon Bailey (neun). Beide haben mehr Tore erzielt, als es von ihnen zu erwarten war und stehen damit auch ligaweit unter den Highperformern, was Effizienz betrifft. Während Lucas (4,4 Tore mehr als sein xGoals-Wert) ein klassischer Vollstrecker im Strafraum ist und einfach einen angeborenen Torinstinkt hat, sind es bei Leon (3,6 Tore mehr als xGoals) oft seine Treffer aus der zweiten Reihe, die sich hier in der Statistik bemerkbar machen. Sein Schlenzer in den Winkel am 11. Spieltag gegen Hoffenheim zum 1:0 hatte zum Beispiel eine Torwahrscheinlichkeit von gerade einmal zwei Prozent.
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Ausbaufähig ist bei uns hingegen das Kreieren von Chancen. Obwohl wir eine sehr offensiv denkende Mannschaft sind, hätten wir uns letztlich einfach mehr gefährliche Möglichkeiten erarbeiten müssen. Mit der Anzahl von 44,6 xGoals stehen wir hier nur im Mittelfeld der Bundesliga.
Mit dem Trainerwechsel Anfang April haben wir es immerhin eindrucksvoll geschafft, die Defensive zu stabilisieren. Mit Hannes Wolf an der Seitenlinie stand die Mannschaft grundsätzlich etwas tiefer und war dafür weniger Ballbesitz orientiert. Das Resultat lässt sich gut in den Ergebnissen ablesen: Nur einmal haben wir in den sieben Spielen unter ihm verloren (gegen Bayern) und dabei nur fünf Gegentreffer kassiert.
Die Match-Facts bestätigen diesen Eindruck: Unter Peter Bosz haben wir im Schnitt zehn gegnerische Torschüsse und 1,5 Großchancen pro Spiel zugelassen. Unter Hannes Wolf waren es im Schnitt zwar zwölf Torschüsse, aber nur noch 0,7 gegnerische Großchancen pro Partie. Der xGoals-against-Wert ist dabei pro 90 Minuten von 1,2 auf 1,1 gesunken. Mit anderen Worten: Unsere Gegner kamen deutlich seltener zu guten Abschlussmöglichkeiten und mussten es deshalb vermehrt aus schwierigen Lagen und mit Distanzschüssen versuchen.
Zu guter Letzt möchte ich von unseren vielen qualitativ hochwertigen Spielern noch Florian Wirtz hervorheben. In seiner ersten kompletten Saison, war er mit fünf Toren und fünf Assists nicht nur unsere drittbester Scorer, sondern auch der Spieler, der in den meisten Partien der „Most Pressed Player“ war. Also jener Spieler, der am meisten von den Gegenspielern unter signifikanten Druck gesetzt wurde. Dass er dabei so gute Zahlen liefert, zeigt, wie weit er schon in seinen jungen Jahren ist. Was mich besonders freut ist, dass es in der Geschichte der Bundesliga keinen jüngeren Spieler mit sechs Toren gab. Auf seine weitere Entwicklung bin ich enorm gespannt. Eines ist jedoch sicher: Wir werden in Zukunft noch viel Freude mit ihm haben.
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