Bundesliga
Nach einer eher durchwachsenen Saison steht der VfB Stuttgart trotz verpasster Erwartungen vor einem möglichen krönenden Abschluss: im DFB-Pokalfinale gegen Arminia Bielefeld. Inmitten historischer Parallelen und dank eines starken Saison-Endspurts nährt sich in Stuttgart der Glaube, dass man in der kommenden Spielzeit doch noch international vertreten ist.
Nach der Vizemeisterschaft und der gleichbedeutenden Teilnahme an der Champions League in der letzten Saison hatten der VfB Stuttgart und seine Anhänger hohe Erwartungen für die Spielzeit 2024/25. Auch wenn diese mit 50 Punkten und Tabellenrang neun vermutlich eher nicht eingehalten werden konnten, sollten Verein und Fans einmal einen Rückblick auf die letzte Dekade wagen.
Denn: Der VfB musste zwei Abstiege in die 2. Bundesliga hinnehmen, vor zwei Jahren folgte dann beinahe der dritte, der jedoch durch ein 6:1 (Hin- und Rückspiel addiert) gegen den jüngst aufgestiegenen Hamburger SV verhindert werden konnte. Und jetzt, eine Vizemeisterschaft später, ist man im "Schwabenländle" unzufrieden mit der Saisonleistung? Nein, so negativ sollte man nicht an diese Sache herangehen.
Schließlich ist die Saison noch nicht vorbei – ein Spiel von nicht gerade geringer Bedeutung steht noch bevor: das Finale des DFB-Pokals. Vorreiter im optimistischen Denken ist VfB-Trainer Sebastian Hoeneß. "Ich sehe die Gesamtentwicklung positiv", resümierte der 43-Jährige nach dem 3:2-Sieg bei RB Leipzig am letzten Bundesliga-Spieltag die gesamte Spielzeit. Im selben Atemzug fügte er hinzu: "Wir möchten diese Gesamtentwicklung beim DFB-Pokal-Finale in Berlin veredeln."
Auch ihm entfiel offenbar nicht, dass die Spielzeit 2024/25 noch nicht beendet ist und es noch ein Endspiel (im wahrsten Sinne) gibt, das entscheidend dazu beiträgt, wie die Saison unter dem Strich zu bewerten ist. Doch durch die von Hoeneß angesprochene "Gesamtbilanz" entsteht der Eindruck, dass diese durch den Ausgang des Pokalfinals nicht wirklich beeinflusst wird. Und das hat seine Gründe.
Die berühmt-berüchtigte breite Brust, die in einem solchen Endspiel nicht fehlen darf, dürfte sich der VfB im Bundesliga-Schlussspurt geholt haben: Die Schwaben gewannen die letzten drei Bundesliga-Spiele und kamen dabei auf einen xGoals-Wert von 10,0, gaben 64 Torschüsse ab, hatten acht Großchancen, einen Ballbesitzanteil von 62 Prozent und eine Passquote von 90 Prozent. All das sind keine belanglos aneinandergelistete Zahlen, sondern ausnahmslos Bundesliga-Bestwerte in diesem Zeitraum.
Die Topform seines Teams erkannte auch Star-Stürmer Deniz Undav: "Unsere Spielweise in den vergangenen Wochen war positiv. Wenn wir so weitermachen und klar im Kopf bleiben, blicke ich optimistisch Richtung Finale." Genau wie sein Trainer übte sich also auch der Nationalspieler im positiven Denken, das besonders in einem Pokalfinale zu einem entscheidenden Faktor werden kann. Schlussendlich verleitete der Undav'sche Optimismus ihn zu einer Aussage, die durchaus auch als Warnung an Gegner Arminia Bielefeld gelesen werden kann: "Wir sind als Mannschaft nochmals zusammengerückt und einfach eine gute Truppe."
Eher ausgeglichen, also (noch) nicht positiv, sieht die Stuttgarter DFB-Pokalfinal-Bilanz aus. Drei Endspiele gewann der VfB (1954, 1958 und 1997), drei gingen verloren (1986, 2007 und 2013), darunter die letzten beiden. Mit einem Sieg im insgesamt siebten Endspiel-Auftritt dieses Wettbewerbs ließe sich die von Trainer Hoeneß erwähnte "Gesamtbilanz" definitiv auch auf die Pokalfinal-Bilanz übertragen.
Dass sein Team gewinnt, dafür spricht nicht gerade wenig: Zwei Siege und kein Gegentor aus zwei Begegnungen gegen Bielefeld bedeuten eine makellose Bilanz im DFB-Pokal. Beim letzten Duell in der 2. Runde 2022/23 fügte der VfB der Arminia sogar deren höchste DFB-Pokal-Niederlage der Geschichte zu (6:0).
Und außerdem hatten es die Schwaben bei ihrem letzten Pokalsieg im Jahr 1997 im Finale mit Energie Cottbus ebenfalls mit einem drittklassigen Team zu tun, das wenige Tage zuvor in die 2. Bundesliga aufgestiegen war. "Geschichte wiederholt sich nicht!", würden kritische Stimmen wohl einstreuen. Zum Glück – aus Stuttgarter Sicht – sind Hoeneß, Undav & Co. jedoch offenbar optimistisch genug, um an das Gegenteil zu glauben.